Umwelt & Parks ‐ 07 + 08/2022

Aus Tansania Information
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Landkonflikt in Ngorongoro-Loliondo

Im Konflikt um die Massaisiedlungen bei Loliondo im Ngorongoroschutzgebiet gab es im Juni Tote. Mindestens 2 Massai sollen von der militärisch auftretenden Polizei erschossen worden sein, ein Polizist wurde durch einen Pfeil getötet, eine größere Zahl von Massaiführern wurde verhaftet und unter Mordanklage vor Gericht gestellt.

Laut Regierung wurde in dem 4000 km² großen Gebiet ein Teil von 1500 km² als Schutzgebiet neu ausgewiesen, in dem die bisherige Mischnutzung für Wild und Viehhaltung nicht mehr gelten soll. Der Rest von 2500 km² solle wie bisher der hier ansässigen Massaibevölkerung zur Verfügung stehen. Da hier aber bereits eine Übernutzung des Landes durch die Vermehrung der Massai und ihrer Herden eingetreten sei, die ökologisch nicht mehr haltbar sei, biete die Regierung den Massai eine freiwillige Umsiedlung in andere Gebiete an, wo die Regierung Grundstücke, Häuser, Schulen und andere Einrichtungen vorbereitet habe. (vergleiche Tansania Information 02/2022). Die Regierung setzte jetzt bewaffnete Polizei ein, um die Setzung von Grenzmarkierungssteinen abzusichern. Massai versammelten sich in großer Zahl, teilweise mit traditionellen Waffen, um gegen die Grenzsteine zu protestieren, die durch ihre bisherigen Ortsgebiete verlaufen. Bei diesen Konfrontationen kam es zu den angesprochenen Todesfällen.

Im Ausland ergriffen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und das Büro des UNO-Hochkommissars für Menschenrechte die Partei der Massai und protestierten gegen das Vorgehen der Regierung, das sie als Verstoß gegen die Rechte der Massai bewerten. Sie verweisen darauf, dass der Ostafrikanische Gerichtshof bereits eine Verfügung erlassen hatte, bis auf weiteres die Gebiete der Massai in Loliondo nicht anzutasten. Die Regierung ignoriert auch eine weitere Klage der Massai vor dem Ostafrikanischen Gerichtshof, deren Entscheidung für Ende Juni angekündigt war (aber noch nicht erfolgte).

Nach Ansicht der Kritiker geht es der Regierung weniger um Naturschutz als vielmehr um ein Jagdgebiet für die Trophäenjagd; eine arabische Firma aus Katar hat hier bereits eine Lizenz für jagdwillige Luxustouristen und versucht schon länger, die Massai aus ihrem Lizenzgebiet wegzubekommen.

Seitens der Regierung wurde lange versucht, die Situation als ruhig, unproblematisch und friedlich darzustellen. Die Unruhe komme nur von ausländischen Aktivisten und wenigen einheimischen Helfershelfern. Als dies nicht mehr zu halten war, bemühte sich auch das Außenministerium um Erläuterungen, die die Problematik herunterzuspielen suchte.

Wenige Stimmen im Lande selbst forderten die Regierung auf, bei der Enteignung von Massailand die gesetzlich vorgeschriebenen Schritte einzuhalten, was diese anscheinend versucht zu umgehen. Viele Stimmen unterstützen die Idee, dass die als rückständig angesehenen Massai dem Fortschritt des Landes weichen sollten.

Amnesty International 15.06.22, Citizen 04.+ 05.+ 09.+11.22.06.22, Chanzo 10.06.22, Euronews 06.06.22, Guardian 14.06.22, Insideclimatenews 10.02.22, Mwananchi 13.+15.06.22, Nation (Kenia) 12.06.22, news.un.org 15.06.22, Nipashe 14.06.22 , Star (Kenia) 11.06.22

Wildtierhandel

Binnen 24 Stunden wurde ein Verbot der Ausfuhr von Wildtieren aufgehoben und wieder in Kraft gesetzt. Tansania hatte im Jahr 2016 die Ausfuhr von Wildtieren verboten, nachdem ein omanischer Exporteur eine Lizenz für den Export von geschützten Tierarten benutzen wollte, was weltweite Proteste verursachte. Am 4. Juni hob die Wildschutzbehörde das Verbot für 6 Monate auf, um Händlern zu ermöglichen, ihre Bestände an legal beschafften Wildtieren ins Ausland zu verkaufen.

Die Entscheidung führte zu einer Protestwelle im internationalen Internet. Auch viele Tansanier äußerten sich kritisch und brachten die Änderung in Zusammenhang mit dem Vorhaben zur Umsiedlung bzw. Vertreibung der Massai aus dem Ngorongoroschutzgebiet im Norden des Landes; auf Twitter hieß es: “Angeblich wollen sie die Massai aus Ngorongoro entfernen, weil sie das Schutzgebiet zerstören. In Wirklichkeit wollen sie nur keine Augenzeugen haben, sodass sie nach Belieben Tiere fangen und exportieren können”.

Am 5. Juni widerrief die zuständige Ministerin Pindi Chana die Entscheidung; die Wild-schutzbehörde habe ohne Abstimmung mit ihrem Ministerium gehandelt und die Angelegenheit bedürfe weiterer Beratung.

Citizen 04. + 05.06.22, Euronews 06.06.22

Giraffenwilderei

In Nordtansania sind Giraffen durch einen schwunghaften Handel mit ihrem Fleisch bedroht. Giraffenfleisch ist in den letzten Jahren auf dem Schwarzmarkt für Wildfleisch immer beliebter geworden. An der Wilderei scheinen auch Dorfvorsteher und Mitglieder örtlicher Gemeindeverwaltungen beteiligt zu sein. Dies betrifft insbesondere Ortschaften an den Wildkorridoren in der Region Manyara. Wildkorridore sollen dazu dienen, den Tieren ihre natürlichen Wanderungen zwischen verschiedenen Schutzgebieten zu ermöglichen. Hier kommt es besonders leicht zu Zusammenstößen mit der landwirtschaftlichen Nutzung sowie dem Straßenverkehr.

Die Giraffenwilderei wird besonders durch traditionelle Glaubensvorstellungen befördert, wonach das Knochenmark von Giraffen besondere Heilwirkungen hat und auch als Potenzmittel nützlich ist. Wilderer, die es hierauf absahen, merkten dann, dass sie auch mit dem Verkauf des Fleischs verdienen können. Diese illegale Jagd wird von den Behörden in Manyara seit etwa 2 Jahren festgestellt. Die Beobachtung läuft dem allgemeinen Trend entgegen, bei dem die Wilderei im Rückgang begriffen ist. So konnten die Zahlen der Nashörner und Elefanten in Tansania wieder steigen.

infonile.org 13.06.22