Angriff auf Journalisten der kritischen Zeitschrift Mwanahalisi - 02/2008

Aus Tansania Information
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Mwanahalisi ist eine swahilisprachige Wochenzeitschrift, eine der angriffslustigsten Tansanias. Unermüdlich deckt sie Korruption in der tansanischen Gesellschaft auf und kommentiert sie. Sie veröffentlichte die sog. "Liste der Schande", eine Zusammenstellung vieler führender Regierungsvertreter, die sich angeblich an schwerwiegender Korruption beteiligt hatten, incl. Präsident Kikwete, sein Vorgänger Mkapa und Premierminister Lowasa.

Saed Kubenea, Mwanahalisi-Direktor, und Ndimara Tegambwage, Fachberater für Leitartikel, wurden im Medienhaus in Kinondoni (Dar-es-Salaam), nachdem die anderen Mitarbeiter weggegangen waren, von mindestens drei Männern überfallen. Diese gossen ihnen Säure ins Gesicht und verletzten sie mit einer Machete. Die beiden Journalisten leisteten Widerstand. Doch Kubenea verlor das Augenlicht; als Brillenträger hatte Tegambwage mehr Glück. Es gelang ihm, vor dem Haus ein Taxi anzuhalten. Kubeneas Handy war entwendet worden. Die beiden Journalisten wurden ins Muhimbili-Krankenhaus gebracht. Man nähte Tegam-bwages Kopfwunden. Kubenea flog wenige Tage später zur Behandlung seiner Augen nach Indien. Präsident Kikwete erklärte, die Regierung werde die Kosten übernehmen.

Kubenea berichtete, als Textmessage habe er mehrfach Todesdrohungen erhalten, im Juni 07 sei sein Auto in Brand gesteckt worden. Er appelliere an die Journalisten, ungeachtet der Drohungen sollten sie nicht aufhören, Übel anzuprangern.

Trotz des Überfalls erschien die Mwanahalisi wie normal mit aggressiven Artikeln.

Bei seiner Rückkehr aus Indien sagte Kubenea, falls die Polizei mehr als 15 Tage nach dem Überfall noch keinen Untersuchungsbericht vorgelegt habe, sei er gezwungen, vor Medienvertretern zu erklären, was wirklich geschehen sei. Er fühle sich besser, müsse noch drei Monate Medikamente verwenden, ehe er erneut nach Indien fliege.

Die Polizei verhaftete fünf Personen, die man für die Angreifer hält. Man hatte bei ihnen einen blutbefleckten Hut und ein Handy der Marke Alkatel gefunden, das vermutlich mit der Überfall in Zusammenhang stehe. Am 21. Jan. erschienen sie vor Gericht. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Verhandlung wurde vertagt. Kaution wurde ihnen zu ihrer eigenen Sicherheit nicht gewährt. Die Angeklagten leugneten jegliche Schuld und erklärten, verfassungsmäßig hätten sie ein Recht auf Kaution.

Präsident Kikwete verurteilte den Überfall.

Studierende der Medienwissenschaften der Saint Augustine University of Tanzania (SAUT) brachten ihre tiefe Betroffenheit zum Ausdruck. Der SAUT-Vizekanzler äußerte, die Journalisten sollten nicht den Mut verlieren, gegen Korruption und andere Übel zu kämpfen.

In Moshi versammelten sich Journalisten der Regionen Arusha, Kilimanjaro, Manyara und Tanga zu einer friedlichen Demonstration.

Der Ständige Vertreter der UNO lobte, dass die Behörden unverzüglich mit der Untersuchung der Angelegenheit begannen.

Reporter ohne Grenzen äußerte: "Besonders beunruhigend ist so ein barbarischer Überfall in einem Land, in dem es nicht üblich ist, Journalisten durch physische Gewalt zum Schweigen zu bringen."

Der Tansanische Journalisten-Umweltverband (JET) drückte sein Mitgefühl aus und versicherte, man stehe hinter allen, die die Wahrheit sagen.

Die tansanischen Journalisten sind der Auffassung, Ursache des Überfalls sei die Tatsache, dass Mwanahalisi an vorderster Front Korruption und Unterschlagung öffentlicher Mittel durch Machthaber anprangerte. "Heute ist es Kubenea, morgen jemand anderes, heute das Mwanahalisi-Büro, morgen wer weiß, welches Medienhaus", sagte Reginald Mengi, Vorsitzender der Media Owners Association of Tanzania (MOAT). Er und die Vorsitzende des Editors Forum lobten, dass Kikwete nichts unversucht lassen wolle, bis die Schuldigen gefunden seien. Andernfalls verlören die Journalisten ihr Vertrauen zur Regierung.

In einer Erklärung des Medienrates Tansanias (MCT) heißt es, man sei überzeugt, hinter dem Überfall stehe eine bestimmte Gruppe, die die Medien mundtot machen und die Herausgeber einschüchtern wolle, damit keine Nachrichten über schwerwiegende Korruption und schlechte Regierungsführung veröffentlicht würden. Die Regierung solle in einer Erklärung den Tansaniern und der Medien-Fraternität zeigen, was sie unternehme wegen dieser Untat. Sie habe Schande über das Land gebracht. Die Polizei habe versichert, eine Sondereinheit werde den Fall untersuchen. Der MCT zitiert auch einen Brief von Regierungsbehörden vom 7.12.07, der einige Artikel von Kubenea und Tegabamwage kritisiert. Diese schrieben Artikel, die nicht dem Berufsethos entsprächen und das Image einiger Verantwortungsträger beschmutzten, heißt es in dem Brief.

Es fällt auf, dass der Überfall kurz vor der Veröffentlichung der Ergebnisse der Untersuchung von bei der BoT vermuteten Fällen von Diebstahl und Veruntreuung geschah. Außerdem soll der Parlamentsbericht über den umstrittenen Stromversorgungsvertrag mit Richmond Ende Januar vorgelegt werden. Man fragt sich, ob die Berichte die Täter damit in Zusammenhang bringen. Vor einigen Monaten drohten einige 'große Kaliber', Kubenea und Mwanahalisi wegen Berichten zu verklagen, die sie mit dem BoT und dem Buzwagi-Vertrag <in dem es um Abbau von Gold geht>, in Verbindung brachten. (DN 10./21.1.08; Guardian 8./9./10./ 17./18./22.1.08; Citizen 7./8.1.08; Reporters sans Frontières 7.1.08; Media Institute of Southern Africa 7.1.08)