Aktuelles: Staatshaushalt, Wahlrecht, Grundrechte – 7/2019

Aus Tansania Information
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Staatshaushalt 2019/20 verabschiedet

Der Nationale Haushalt 2019/20 stieg auf TZS 33,1 Bill. / € 13 Mrd. (Vorjahr TZS 32,5 Bill./ +1,9%). Einzelne Ministerien erhielten:

  • Finanzen und Planung: TZS 11,94 Bill.
  • Präsidentenbüro (unterliegt keiner Prüfung): 6,2 Bill.
  • Öffentl. Arbeiten, Transport, Kommunikation: 2,14 Bill.
  • Energie: 2,14 Bill.
  • Verteidigung und Arbeitsdienst: 1,85 Bill.
  • Bildung, Ausbildung, Wissenschaft: 1,4 Bill.
  • Gesundh., Alte, Kinder, Geschlechtergleichheit: 991 Mrd.
  • Inneres: 921 Mrd.
  • Öffentlicher Dienst, Staatsführung: 684 Mrd.
  • Wasser: 634 Mrd.
  • Premierminister und Nationalversammlung: 273 Mrd.
  • Landwirtschaft: 254 Mrd.
  • Justiz: 181 Mrd.
  • Äußeres und EAC: 167 Mrd.
  • Tourismus: 120 Mrd.
  • Industrie und Handel: 100 Mrd.
  • Fischerei und Viehzucht: 65 Mrd.
  • Land und Wohnungsbau: 62
  • Bergbau: 49 Mrd.
  • Information, Kultur, Sport: 31 Mrd.
  • Union und Umwelt: 37 Mrd.

Für Entwicklungsinvestitionen sieht der Haushaltsplan mit TZS 12,3 Bill. 37% aller Ausgaben vor [vgl. u. Infrastruktur-Projekte]. Dafür werden 9,7 Bill. aus Steuern und 2,5 Bill. von Entwicklungspartnern erwartet. Diese sollen insgesamt TZS 2,78 Bill. beisteuern, hauptsächlich nicht-rückzahlbare Zuschüsse. Wirtschaftswissenschaftler halten den Plan für unrealistisch, weil er TZS 19 Bill. Steuereinnahmen voraussetzt, wo im Vorjahr von den geplanten TZS 18 Bill. nur 13 Bill. aufgebracht wurden.

Heftig umstritten ist die Absicht, die Steuerbefreiung auf Artikel der Monatshygiene zurückzunehmen; sie sei nur den Händlern, nicht den Kundinnen zugute gekommen. NROs und Opposition befürchten, dass die Preise erneut steigen und für viele Schülerinnen unerschwinglich werden.

Neue, bzw. erhöhte Steuern / Gebühren gibt es auf Fahrzeugzulassung, Führerscheine (jetzt 5 Jahre gültig), Perücken und importierte Windeln (25%), während Rohstoffe für lokal gefertigte Windeln für ein Jahr zollfrei sind. Kühlaggregate für Gartenbau-Betriebe werden von der Mehrwertsteuer (18%) ausgenommen. Ihre Exporterlöse ($ 800 Mill.) machen bereits 38% aller Agrar-Ausfuhren aus. Dagegen werden Importe von Früchten und Gemüse jetzt mit 35% Zoll belastet.

Abgeordnete befürworteten neue bzw. höhere Steuern für ausländische Anbieter im Internet-Handel und von Sportwetten. Diese hätten unfaire Vorteile gegenüber einheimischen Konkurrenten.

Die Staatschulden stiegen im April 19 auf TZS 51 Bill. / € 20 Mrd., davon 13 Bill. Inlands- und 38 Bill. Auslandschulden. TZS 2,3 Bill. für Zentralbahn und Rufiji-Staudamm werden neu zu Marktzinsen aufgenommen. Weitere Auslandskredite sind zinslos. Die Devisenreserven der Nationalbank betragen TZS 4,4 Bill., entsprechend den Importen von 4,3 Monaten.

Citizen 12.,13.,15.,17.06.19; DN 12., 13.06.19; Guardian 14.,15.,28.06.19

Wahlrecht in der Diskussion

Die Anwältin F. Karume erstritt für einen Chadema-Abgeordneten ein aufsehenerregendes Urteil des Verfassungsgerichts gegen die Regierung: Verwaltungsbeamte (die vom Präsidenten ernannt werden und oft CCM-Anhänger oder -Mitglieder sind) dürfen nicht mehr das Wählerverzeichnis führen und als Wahlleiter fungieren. Der Generalstaatsanwalt will gegen das Urteil Berufung einlegen und meint, das Verbot dürfe noch nicht auf die bevorstehenden Gemeindewahlen angewandt werden.

Das Gericht hielt es jedoch für verfassungsgemäß, dass der Landeswahlleiter vom Präsidenten ernannt wird. Das Menschenrechtszentrum LHRC erwägt, auch dagegen zu klagen und für eine unabhängige Wahlkommission zu kämpfen. Dasselbe Ziel verfolgt eine Koalition aus acht Oppositionsparteien, die die ACT-Wazalendo angestoßen hat. Dies solle die Grundlagen der Demokratie verteidigen, die die CCM-Regierung in Frage stelle.

Der Ostafrikanische Gerichtshof EACJ wies eine Klage der Oppositionskoalition gegen das Parteiengesetz von 2019 ab, weil die beklagte tansanische Regierung keine Vertreter vor Gericht entsandt hatte. Die Klage richtete sich dagegen, dass Parteien Informationsveranstaltungen 30 Tage im Voraus anmelden müssen. Die Regierung hatte in den von der Opposition dominierten Regionen Arusha und Kilimanjaro sehr kurzfristig (7 Tage) angeordnet, das Wählerregister zu aktualisieren. Deshalb kann die Opposition ihre jungen Wähler nicht mehr mobilisieren, sich zu registrieren. - Das umstrittene Parteiengesetz verbietet den Parteien auch, Personenschützer aufzustellen. Es erlaubt dem Parteienbeauftragten der Regierung, eine Partei auf unbestimmte Zeit zu suspendieren.

Kandidatinnen verschiedener Parteien in der Shinyanga-Region forderten im Blick auf die kommenden Gemeindewahlen Schutz und Informationsveranstaltungen für Frauen, die für einen lokalen Rat kandidieren wollen. Allzu häufig würden sie von Parteigrößen zu sexuellen Zugeständnissen gezwungen, um aufgestellt zu werden oder Unterstützung für den Wahlkampf zu erhalten. Daher wollten auch viele Ehepartner ihre Frau nicht kandidieren lassen.

Citizen 13.,15.,20.,23.05.19; DN 14.05.19; East African 22.06.19; Guardian 22.06.19; Mwanahalisi 14.05.19; Mtanzania 11.06.19;

Grundrechte

Das Statistikgesetz von 2018 kriminalisierte jegliche statistische Angabe (einschließlich Umfrage-Ergebnisse), die nicht vom Nationalen Statistikbüro NBS genehmigt war. Als Strafen waren $ 6.000 oder drei Jahre Gefängnis angedroht. Weltbank und weitere Geber hatten deutlich gemacht, dass dies internationale Mindeststandards verletzte. Nun lockert eine Novellierung des Gesetzes die Bestimmungen. Korrekt erhobene Daten dürfen von denen der Regierung abweichen, wenn eine „Technische Kommission“ die Seriosität solcher Daten überprüft hat. Das „Verfälschen, Diskreditieren oder Infragestellen offizieller Daten“ bleibt strafbar.

Amnesty International und weitere Menschenrechtsorganisationen kritisieren das im Eilverfahren novellierte Gesetz zu NROs und verlangen eine Revision. Es unterwerfe die zivilgesellschaftlichen Organisationen einer Zensur und gefährde ihre Existenz. NROs und religiöse Institutionen müssen ihre Zulassung alle 10 Jahre kostenpflichtig erneuern, wobei der NRO-Beauftragte die Registrierung verweigern kann. Die Verpflichtung, jährliche, beglaubigte Finanzberichte in gängigen Medien zu veröffentlichen, werde kleinere NGOs finanziell überfordern. Der Generalstaatsanwalt erläuterte, man wolle nur noch NROs, die der Gemeinschaft dienten, nicht solche, die zugunsten der eigenen Funktionäre arbeiteten.

Im Mai beanstandeten 38 Menschenrechtsorganisationen (ai, LHRC, RSF u.a.) in einem Brief an den UN-Rat für Menschenrechte den „zunehmenden Druck auf Journalisten, Opposition, Dissidenten und NROs“, mit dem die tansanische Regierung unabhängige Berichterstattung bedrohe und die Meinungsfreiheit einenge. Sie baten den Rat um Hilfe gegen eine weitere Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Tansania.

Der Regierungssprecher Dr. Abbas bezeichnete das Schreiben als „billige Propaganda“ im Dienst „einiger Mächte“. Die Regierung habe einen eigenen Menschenrechtsbericht an den UN-Rat gesandt. Außenminister P. Kabudi erklärte, Tansania genieße international Ansehen für seinen Kampf gegen Korruption, Drogenmissbrauch und Geldwäsche, sowie sein Eintreten für Menschenrechte, Demokratie und gute Staatsführung. Für die seit 2017 inaktive staatliche „Kommission für Menschenrechte und gute Staatsführung“ wurden nun Besetzungsvorschläge veröffentlicht.

Der schwedische Entwicklungsminister Eriksson sagte bei Gesprächen zur Neuorientierung der schwedischen Entwicklungszusammenarbeit, diese sei „fest in den universellen Werten von Gleichheit, Demokratie und Menschenrechten verankert“. Schweden hatte sich über die Entwicklungen bezüglich Menschenrechten und Demokratie in Tansania besorgt gezeigt.

Der Abgeordnete Z. Kabwe (ACT-Die Patrioten) wurde am Flughafen DSM an der Ausreise gehindert und verhaftet. Er habe gegen das Presse-Gesetz verstoßen. Kabwe wurde bereits mehrfach wegen angeblicher Volksverhetzung festgesetzt. Er hatte scharfe Kritik an der misslungenen Cashew-Vermarktung, wirtschaftlichen Fehlentwicklungen und Verfassungsverstößen geübt. Er versucht, eine Koalition der Oppositionsparteien für die Wahl 2020 zu schmieden. Das Pressegesetz wurde vom Ostafrikanischen Gerichtshof für ungültig erklärt, da es die EAC-Verträge verletze.

Die „Gemeinschaft Islamischer Einrichtungen“ verlangte in einem Offenen Brief an den Präsidenten und das Parlament, führende Scheiche der „Islamischen Erweckung“ freizulassen. Sie seien seit sechs Jahren wegen Unterstützung von Terroristen in Untersuchungshaft, ohne dass triftige Beweise gegen sie gefunden worden seien.

Der Parlamentspräsident entzog dem Chadema-Abgeordneten T. Lissu, der sich nach einem Attentat 2017 in Europa aufhält, sein Mandat wegen mehrfach unentschuldigter Abwesenheit. Lissu hatte die Fünfte Regierung bei Auftritten in Europa und den USA scharf kritisiert. Zahlreiche Kommentare verurteilten den Mandatsentzug als unaufrichtig, unfair und undemokratisch.

Das LHRC führte die durchschnittlich 65 Fälle von Lynchjustiz pro Monat (2018) auf Unkenntnis des Rechtsweges und Misstrauen gegen die Gerichte (Korruption) zurück. Die Ausschreitungen ereigneten sich vor allem in städtischen Siedlungen.

Die US-Organisation „World Justice Project“ verlieh dem LHRC einen Preis für seine erfolgreiche Rechtsaufklärung, Fürsprache und Sensibilisierung von Anwälten und Bevölkerung für Menschenrechtsfragen. Das LHRC hat Beobachter-Status bei der Afrikanischen Kommission für Menschen- und Völkerrechte.

Citizen 20.,21.,22.,23.05.; 24.,28.,29.,30.06.19; Deutsche Welle 29.06.19; Guardian 19.,23.,28.06.19; Mtanzania 04.06.19; Nairobi News 13.06.19; www.humanrights.or.tz

Frauen-, Kinderrechte

Die EU finanzierte mit € 2,15 Mill. ein Vier-Jahresprogramm der italienischen NRO Oikos East Africa, das 5.000 Maasai-Frauen in den Distrikten Arusha, Monduli und Longido mit Straßentheater und Radiosendungen über ihre Rechte informierte (Erbschaft, Landbesitz, aktives und passives Wahlrecht).

Parlamentspräsident Ndugai forderte die weiblichen Abgeordneten auf, Vorschläge für ein verbessertes Erbschaftsgesetz einzubringen, damit Witwen nicht mehr, wie häufig geschehen, um den Nachlass ihres verstorbenen Mannes betrogen werden.

Das LHRC teilte mit, dass die angezeigten Fälle von Gewalt gegen Kinder 2018 auf 6.376 angestiegen seien (Vorjahr 4.728). Davon beträfen 91% sexuelle Gewalt, 9% physische und psychische Übergriffe. Am häufigsten vergehen sich Verwandte, Nachbarn, Lehrer und Motorradtaxi-Fahrer an Kindern. Die meistbetroffenen Distrikte seien Mpwapwa-Dodoma, Chunya-Mbeya, Misungwi-Mwanza, Hai-Kilimanjaro und Tarime-Mara-Region.

Citizen 01.07.19; DN 24.06.19; Guardian 19.06.19