Aktuelles: Präsidentielle Kontroversen - 03/2017

Aus Tansania Information
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Seine Vorliebe für pointierte Ansagen und spontane Entscheidungen brachte Präsident Magufuli teilweise scharfe Kritik ein.

Justizwesen

Bei einer Ansprache am „Tag des Rechtswesens“ unterstellte Dr. Magufuli („JPM“) Mitgliedern der „Gesellschaft für das Rechtswesen“ (Tanganyika Law Society - TLS), politisch der Opposition zuzuneigen. Rechtsvertreter dieser Art bekämen unter seiner Regierung keine Chance, Schlüsselpositionen im Rechtssystem einzunehmen. Justizminister H. Mwakyembe drohte an, die TLS gesetzlich verbieten zu lassen. T. Lissu, Anwalt und Chadema-Rechtsberater, erinnerte an frühere Versuche dieser Art, die immer dann gemacht worden seien, wenn die Juristenvertretung ihre Unabhängigkeit unterstrichen habe und für den Rechtsstaat eingetreten sei. Ein Jura-Professor der Uni DSM meint, die Regierung fürchte einen Kurswechsel der bisher „zahnlosen“ TSL nach der anstehenden Vorstandswahl.

Ferner, so JPM, sollten Anwälte, die eindeutige Gesetzesbrecher verteidigten, ihrerseits eingesperrt werden. Auf frischer Tat ertappte Verbrecher (besonders des Trophäen- und Drogenhandels Überführte) sollten im Schnellverfahren abgeurteilt werden.

Der Vorsitzende der oppositionellen Chadema, F. Mbowe sah dadurch verfassungsmäßige Grundrechte verletzt und bedauerte, dass Richter und Anwälte die Äußerungen JPMs bejubelt hatten. Die TLS schrieb die problematischen Formulierungen unqualifizierten Beratern zu. Ein Anwalt erinnerte daran, dass J. Nyerere sogar unter dem kolonialen Regime Rechtsbeistand erhielt, als er wegen Aufruhrs angeklagt war.

JPM ermahnte die Strafverfolgungsbehörden, ihre internen Querelen beizulegen, die zu untragbaren Verzögerungen bei Steuer-Prozessen geführt hätten. Seit 2005 zögen sich Prozesse um Steuerzahlungen hin, die dem Staat TZS 7,5 Bill. (entspricht ca ¼ des Staatshaushalts) vorenthielten. Dabei seien Beamte bestochen worden, damit sie Beweismittel verschwinden ließen. Magufuli zeigte sich auch befremdet darüber, dass 28 der Bestechlichkeit angeklagte Amtsrichter schnell und reibungslos freigesprochen worden waren. Die Justiz solle ferner ihren überhöhten Personalbedarf reduzieren, sie habe die meisten Planstellen unter allen Ressorts. Der Chefrichter hatte verlangt, 997 Kräfte neu einzustellen.

Nach der Rede des Präsidenten trat eine Frau aus Tanga mit einem Poster vor, auf dem sie schilderte, wie ihr das Erbe ihres verstorbenen Mannes durch Fälschungen und Prozesstricks vorenthalten wurden. Magufuli erlaubte ihr, zu sprechen und ordnete eine Untersuchung an.

Citizen 03.,06.,08.,17.02.17; DN 03.02.1703.,

Parlament, Gewaltenteilung

Oppositionsführer F. Mbowe wollte in einer parlamentarischen Fragestunde wissen, ob Präsident Magufuli, wie berichtet, angedroht habe, die Oppositionspolitik bis 2020 „umzubringen“. Mbowe sieht in der Weise, wie Chadema-Abgeordnete polizeilich verfolgt werden, einen systematischen Plan. Die stellvertretende Parlamentspräsidentin Dr. Ackson ließ die Frage nicht zu.

Parlamentspräsident J. Ndugai (CCM) kritisierte scharf, dass die Polizei (Oppositions-) Abgeordnete ohne seine Zustimmung, Manche sogar auf dem Parlamentsgelände, verhaftet hatte. Der Chadema-Vertreter von Arusha-Stadt sitzt seit November 2016 in Untersuchungshaft. Der ACT-Wazalendo-Parlamentarier Z. Kabwe musste bis Mitternacht im Parlamentsgebäude ausharren und mit dem Auto des Parlamentspräsidenten abgeholt werden, um der Verhaftung zu entgehen. Alle werden der „Anstachlung zur Unzufriedenheit“ und „Böswilligkeit“ beschuldigt. Das Parlament verwahrte sich einstimmig gegen Übergriffe der Exekutive und verächtliche Äußerungen des DSM-Regionalkommissars P. Makonda.

T. Lissu (Chadema, s.o.) weigerte sich unter Berufung auf seinen Abgeordneten-Status, bei der Polizei auszusagen. Er sei verhaftet worden, um sein Eintreten für den Rechtsstaat und seine Präsidentschafts-Kandidatur bei der Tanganyika Law Society (TLS, vgl. o. „Justizwesen“) zu behindern.

Der Parlamentsausschuss für lokale Verwaltung stellte fest, dass viele Regional- und Distriktskommissare und -Geschäftsführer ihre Kompetenzen weit überschritten. Sie hätten Beschuldigte willkürlich verhaften lassen und beleidigt. Obwohl diese Verwaltungskräfte vom Präsidenten eingesetzt seien, stünden sie nicht über dem Gesetz und müssten die Verfassung respektieren. Die regionalen Beamten müssen nun ein Fortbildungsseminar besuchen, um ihre Kompetenzen und deren Grenzen zu verstehen. Die Staatsministerin für den Öffentlichen Dienst kündigte an, alle Beamten des gehobenen Dienstes müssten verpflichtende Führungs-Kurse absolvieren, bevor sie befördert werden können.

Der tansanische Präsident kann bis zu 10 Personen seiner Wahl ins Parlament delegieren, jedoch müssen davon mindestens fünf Frauen sein. Nachdem Magufuli sechs Männer berufen hatte, wurde er wegen dieses Verfassungsbruchs kritisiert und ruderte zurück. Es stellte sich jedoch heraus, dass er Abgeordnete zwar berufen, nicht aber entlassen kann. JPM ernannte daraufhin zum Erstaunen Vieler A. Kilango Malecela zur Abgeordneten, obwohl er sie 2016 wegen falscher Angaben als Regionalkommissarin von Shinyanga nach nur einem Monat Dienst entlassen hatte.

Die Regierung nahm wenig Bezug auf das 50-Jahre-Jubiläum der Arusha-Declaration von 1967, obwohl Präsident Magufulis Reformen wichtige Elemente der Erklärung aufgreifen, z.B. Verwaltung als Dienerin des Volkes, Integrität des Staatsapparats, Entwicklung aus eigener Kraft. Die oppositionelle ACT-Wazalendo erinnerte an die in der Arusha-Declaration festgeschriebene Gewaltentrennung und Rechtsstaatlichkeit, die sie derzeit bedroht sieht. Zuletzt hatte der Zweite Verfassungsentwurf der Wariobakommission zentrale Ideen der Arusha-Erklärung aufgenommen; er war aber von der CCM-Mehrheit in der Verfassunggebenden Versammlung blockiert worden.

Citizen 25.01.; 08.,09.,10.02.17; DN 03.,05.,08.,10.02.17; Guardian 03.02.17