Aktuelles: Parteien, Demokratie - 5/2019

Aus Tansania Information
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Regierungspartei CCM

Der Rechtsstaatlichkeitsindex des „World Justice Project“ platziert Tansania 2019 auf Rang 91 von 126 Staaten, hinter Ruanda und vor Kenya, Südsudan und Uganda. Als Stärken Tansanias nennt der Bericht: Keine oder wenig gewaltsame Konflikte, Diskriminierung und behördlicher Machtmissbrauch, sowie Religionsfreiheit. Gravierende Schwächen zeigten sich bei Justizvollzug, fairen Gerichtsverfahren, Transparenz der öffentlichen Finanzen, Rechtsstaatlichkeit, Privatsphäre und Sicherheit.

Ein Bericht des US-Außenministeriums bescheinigt Tansania Anstrengungen, Behördenwillkür einzudämmen; dennoch blieben Verfehlungen von Polizei, Geheimdiensten und Verwaltungsstellen weitgehend straflos.

CCM-Generalsekretär Dr. A. Bashiru sagte zum 35. Todestag des früheren Premierministers E. Sokoine, die CCM werde Wahlen verlieren, wenn sie nicht an Gerechtigkeit und Gleichheit aller festhalte. „Wir können uns keine Leute leisten, die auf Kosten Armer Reichtümer aufhäufen.“ Wenn Diktatoren auf Gewalt und Einschüchterung setzten, würden sie durch Massenproteste abgesetzt, wie viele Beispiele in Nordafrika, Äthiopien, Nigeria und Sudan zeigten. Die Regierung renovierte Sokoines Haus und errichtete ein Mausoleum. Sokoine hatte auch als Minister ein höchst einfaches Leben geführt.

Präsident Magufuli betonte, er werde keinen Tag über seine Amtszeit hinaus regieren. Er wolle nicht König, sondern Diener seiner Landsleute sein. Diese sollten für ihn und seine Regierung beten und die Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes auf Fehler hinweisen, damit diese korrigiert würden. [Dr. Magufuli hat bisher recht empfindlich auf Kritik reagiert; Red.].

Citizen 03.,13.,17.04.19; East African 25.03.19; 07.04.19; Guardian 13.04.19; Mwanahalisi 05.04.19; www.worldjusticeproject.org

Oppositionsparteien

Die rechtsliberale CUF (Civic United Front, Bürgerpartei) hatte sich nach jahrelangem Machtkampf zwischen dem ehemaligen Vorsitzenden Prof. I. Lipumba und dem früheren Generalsekretär Maalim Seif Hamad gespalten, wobei der Lipumba-Flügel von Behörden und CCM favorisiert wurde. Nun trat Hamad überraschend der kleinen, linksgerichteten ACT-Wazalendo (Alliance for Change and Transparency – Die Patrioten) bei. Dies schwächt die Rest-CUF erheblich, da Seif auf den Inseln sehr beliebt ist. Viele CUF-Ortsverbände traten geschlossen in die ACT ein. Sofort entbrannte ein heftiger Streit zwischen den beiden Parteien um Gebäude, Büros und Gerätschaften.

Diese Entwicklungen könnten das Oppositionsbündnis UKAWA („Verfassungsverteidiger“) sprengen; Lipumba kündigte seine Unterstützung für UKAWA bereits auf. Die Oppositionsparteien hatten in der „Sansibar-Erklärung“ im Dezember 2018 eine enge Zusammenarbeit gegen die repressiven Maßnahmen der Regierung vereinbart.

Der staatliche Parteienbeauftragte (Registrar) drohte der ACT-Wazalendo mit Verbot, weil übergetretene CUF-Mitglieder CUF-Flaggen verbrannt und dabei religiöse Formeln wie „Gott sei Dank“ gerufen hatten. Dies verstoße gegen das Parteiengesetz und hätte von der ACT-Führung verurteilt werden müssen. Außerdem habe die ACT 2014 keinen geprüften Jahresbericht vorgelegt. Der ACT-Vorsitzende Z. Kabwe versicherte, der Generalkontrolleur habe den Bericht fristgemäß erhalten. Kabwe bat die Präsidenten Kagame, Ruanda und Ramaphosa, Südafrika, die regionalen Staatengemeinschaften vorsitzen, um Unterstützung.

Die häufigen Parteiwechsel prominenter Führungspersonen, Abgeordneter und zahlreicher Stadt- und Dorfräte zeigen, dass die politischen Parteien in Tansania weniger als weltanschauliche oder wirtschaftsstrategische Gruppierungen verstanden werden, sondern als Machtbasis für Individuen, die bestimmte Positionen erreichen wollen. Am spektakulärsten war die Rückkehr des Chadema-Präsidentschaftskandidaten E. Lowassa in die CCM [TI April 19, S. 2].

Citizen 21.,30.03.; 03.04.19; East African 30.03.; 04.04.19; Mwanahalisi 01.,03.04.19

Opposition weiter behindert

Der Generalstabschef der Streitkräfte erklärte, er verfolge sehr genau aufwieglerische Äußerungen der Opposition. Abgeordnete im Parlament bezeichneten dies als Kompetenzüberschreitung und friedensgefährdende Drohung. Präsident Magufuli hat eine Reihe von Posten in Schlüsselbehörden, Distrikts- und Regionsführung mit ehemaligen Militärs besetzt. Er setzte die Streitkräfte für Sonderaufgaben ein (Mauer um Mirerani-Minen, Cashew-Ankauf und -Verarbeitung, öffentliche Bauten) und lobte immer wieder deren Effizienz und Korruptionsresistenz bei „Notfalleinsätzen“.

Vier Parteien erhoben beim Ostafrikanischen Gerichtshof Klage gegen das im Februar verabschiedete Parteiengesetz. Es kriminalisiere demokratisches Verhalten und verstoße gegen die Verfassung und internationale Vereinbarungen.

Die Chadema beschwerte sich darüber, dass bei Rundreisen des Präsidenten ihre Flaggen abgenommen und durch CCM-Flaggen ersetzt worden seien. Dies solle den falschen Eindruck erwecken, dass Tansania kein Mehrparteienstaat mehr sei. Chadema-Mitglieder im Tarime-Distrikt wurden von der Polizei verhört, weil die Abgeordnete E. Matiko bei einem Parteitreffen aufwieglerische Sprache verwendet und die Konferenz länger als erlaubt gedauert habe.

Die „Befreiungspartei“ CHAUMA verlangte Bewegungsfreiheit für die Opposition wie in früheren Jahren. Sie müsse sich frei versammeln können, um die Anliegen der Bürger aufzunehmen.

Der Polizeipräsident verbot eine von der ACT in Dodoma geplante Demonstration zur Unterstützung des Generalkontrolleurs Prof. Assad [s. u. „Tauziehen“]. Alle potentiellen Demonstranten würden abgefangen und „bis zur Erschöpfung verprügelt“.

BBC Kiswahili-Dienst 08.04.19; Citizen 05.,16.04.19; DN 09.04.19; Guardian 09.04.19; Mwanahalisi 09.,12.04.19; Mwananchi 12.04.19

Parlament

Der offizielle Chadema-Sprecher weigerte sich, die traditionelle Oppositionsalternative zum Haushaltsentwurf des Innenministeriums zu verlesen. Das Parlamentspräsidium habe das ursprüngliche Manuskript so stark „überarbeitet“, das es die Ansichten der Opposition verfälsche.

Abgeordnete von Opposition und CCM kritisierten Entscheidungen der Regierung:

  • Ankauf der gesamten Cashew-Ernte 2018 im Wert von $ 520 Mill. durch den Staat mit Krediten der Landwirtschaftsbank (anstelle privater Aufkäufer). Da die Regierung bisher weder Käufer noch Weiterverarbeiter fand, fehlen nun die Deviseneinkünfte. Cashew-Nüsse sind der größte Devisenbringer.
  • Auflösung der Cashew-Behörde
  • Pauschalsteuer für informelle Geschäfte: sie kommt der Zentralregierung zugute; Lokale Verwaltungen verlieren damit erhebliche Einkünfte.
  • Unzureichende Investitionsförderung
  • Eine neue, regierungsunabhängige Wahlkommission sollte aufgestellt werden

Viele Abgeordnete sind überschuldet, sie sollen weniger Kredite aufnehmen. Wenn sie ausscheiden, muss der Steuerzahler einspringen. Abgeordnete, die nicht für ihre unehelichen Kinder aufkommen, sollen auf einer Liste der Schande erscheinen.

Oppositionsführer F. Mbowe verlangte erneut, die Parlamentsdebatten wieder im Fernsehen zu übertragen. So könne das Volk einschätzen, wie effektiv die Abgeordneten die Regierung kontrollieren.

Citizen 02.,03.,06.,24.04.19; DN 05.04.19