Aktuelles: Menschenrechte, Demokratie - 12/2018

Aus Tansania Information
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Internationale Verträge

Die Regierung erklärte, Tansania habe die „Erklärung zu Demokratie, Wahlen und Guter Staatsführung“ der Afrikanischen Union von 2007 noch nicht ratifiziert, weil einzelne Paragraphen tansanischen Gesetzen widersprächen. Dennoch würden alle Wahlen in Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden durchgeführt.

Außenminister A. Mahiga forderte die ostafrikanischen Staaten auf, ihre Zusammenarbeit zum Schutz von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit zu intensivieren.

Habari Leo 14.11.18; New Times, Ruanda 05.11.18

Pressefreiheit bedrängt

Eine kenianische und eine südafrikanische Journalistin wurden vorübergehend verhaftet und durchsucht, ihre Pässe und Telefone konfisziert. Sie wollten im Auftrag des „Schutzkomitees für Journalisten“ (CPJ) untersuchen, wie weit Tansania die freie Berichterstattung durch Gesetze und Polizeimaßnahmen einschränkt. CPJ beschwerte sich bei Präsident Magufuli über die ungerechtfertigte Festnahme und das schroffe und inkorrekte Verhalten der Beamten. Eine Journalistin sei sogar geschlagen und gestoßen worden. CPJ verlangte, die schuldigen Beamten zur Rechenschaft zu ziehen.

CPJ kritisierte auch, dass ein Journalist des Blattes „Tanzania Daima“ festgenommen wurde, weil er keine „Journalisten-Uniform“ getragen habe. Der Reporter hatte über eine Chadema-Versammlung in Tarime berichtet.

Premier K. Majaliwa betonte am Tag der UN, die Regierung respektiere die Verfassung und internationale Verträge, die Meinungsfreiheit garantierten. Dies zeige sich daran, dass von 152 Radiostationen nur drei vom Staat betrieben werden. Z. Kabwe (ACT-Wazalendo) beklagte die „fortgesetzten Schikanen gegen Oppositionelle“, die dadurch ihre Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren, nicht erfüllen könnten.

Die „Koalition der Menschenrechtsverteidiger“ (THRDC) zitierte 29 Fälle von Menschenrechtsaktivisten, die schikaniert und acht Journalisten, die verhaftet wurden. Übergriffe von Sicherheitsorganen blieben straflos. Fünf neuere Gesetze müssten dringend revidiert werden, um die freie Meinungsäußerung wieder herzustellen.

Journalistenverbände, Medienhäuser und Menschenrechtsgruppen erinnerten an das ungeklärte Verschwinden des Journalisten Azory Gwanda vor einem Jahr.

Citizen 03.,08.,21.11.18; East African 22.09.18; Habari Leo 26.10.18; Nairobi News 14.11.18; www.cpj.org 16.11.18

Homosexuelle und schwangere Schülerinnen diskriminiert

Der Regionalkommissar von Dar-Es-Salaam P. Makonda kündigte konsequentes Durchgreifen gegen Homosexuelle und Pornographie-Produzenten an und forderte dazu auf, verdächtige Personen aufzuspüren und anzuzeigen. In Dar-Es-Salaam sei „Homosexualität kein Menschenrecht, sondern ein Verbrechen“. Solche Praktiken träten tansanische, christliche und muslimische Werte mit Füßen. Staaten, die sie für rechtmäßig halten, sollten die tansanischen Homosexuellen bei sich aufnehmen. Makonda wird trotz mehrerer höchst kontroverser populistischer Aktionen vom Präsidenten gedeckt.

Der tansanische Außenminister erklärte, Makonda habe nur seine privaten Ansichten geäußert, die nicht mit denen der Regierung identisch seien; man achte alle internationalen Menschenrechtskonventionen. Innenminister Lugola wiederum erinnerte daran, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen strafbar seien und blieben. Dennoch müsse sich niemand bedroht fühlen, da Gesetz und Rechtsfrieden durchgesetzt würden. Auf Sansibar wurden zehn Männer verhaftet, die an einer gleichgeschlechtlichen Eheschließung teilgenommen haben sollen.

Schwangere Schülerinnen müssen seit 2015 ihre Schule verlassen und dürfen auch nach der Niederkunft den Unterricht an staatlichen Schulen nicht mehr besuchen. Jährlich sind davon mehr als 8.000 Mädchen betroffen, die meist Opfer sexueller Gewalt oder wirtschaftlicher Not sind.

Citizen 25.10.; 04.,06.11.18; Deutsche Welle 16.11.18; DN 31.10.; 05.,07.11.18; East African 30.10.; 01.,15., 17.11.18; Guardian 12.11.18

Internationale Reaktionen

CPJ forderte die tansanische Regierung auf, sie solle „ihr Durchgreifen gegen eine freie Presse einstellen“. „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) verlangte eine Erklärung zur Verhaftung der CPJ-Journalistinnen. Tanzania fiel im RSF-Index zur Pressefreiheit 2018 um beispiellose 10 Punkte auf Rang 93 zurück.

Das US-Außenministerium zeigte sich „tief besorgt über zunehmende Angriffe und Gesetzesinitiativen …, die bürgerliche Freiheiten und Menschenrechte verletzen und eine Atmosphäre von Gewalt, Einschüchterung und Diskriminierung schaffen“.

Die Weltbank stornierte $ 300 Mill. aus ihrer Zusage von $ 500 Mill. für 2018/19. Das für Sekundarschulen gedachte Geld könne nur ausgezahlt werden, wenn Tansania zusichere, dass Schülerinnen nach einer Entbindung wieder am Unterricht teilnehmen dürfen. Auch das manipulative Statistik-Gesetz müsse nachgebessert werden. Tansania müsse sich an die Weltbank-Prinzipien (Nicht-Diskriminierung wegen ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht oder sexueller Orientierung) halten.

Die EU rief ihren Tansania-Repräsentanten zurück, um „ihre Beziehungen zu Tansania betreffend Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eingehend zu überprüfen“. Damit steht die Weiterführung wichtiger Programme in Frage, für die die EU im laufenden 5-Jahresplan € 626 Mill. gab (Gute Staatsführung und Entwicklung, nachhaltige Landwirtschaft /„Eco Village“ und Energieversorgung). 68% aller Direktinvestitionen kommen aus dem EU-Raum (incl. UK), der auch Tansanias wichtigster Handelspartner ist. Im Parlament wurden Fragen zu Spannungen mit der EU nicht zugelassen.

Dänemark, zweitgrößtes Geberland, stornierte eine Hilfszusage von € 8,8 Mill. wegen „Menschenrechtsverletzungen und inakzeptabler homophober Kommentare“. Die dänische Entwicklungsministerin schob eine geplante Tansania-Reise auf. - Amnesty International zeigte sich entsetzt über die „aufhetzende und diskriminierende Rhetorik führender Politiker“.

Kanada, das bisher $ 2,3 Mrd. Entwicklungshilfe gegeben hat, erwägt Kürzungen. Die Entwicklungsministerin sagte, ¾ der Hilfe gingen an NGOs, daher sei es schwierig, diese Mittel zu stornieren. Zu Familienplanung und Schulbesuch von Mädchen suche man das Gespräch mit der tansanischen Regierung. - Der stellvertretende Gesundheitsminister erklärte, Familienplanungsprogramme würden nicht gestrichen.

Die kritische Haltung wichtiger Geber führte – mit weiteren Faktoren wie sinkende Goldexporte, Dewji-Entführung [TI Nov., S.3] und Cashew-Krise – zu einem Wertverlust des Tansanischen Shillings. Er fiel mit TZS 2.330 gegen den US$ auf einen Tiefstand. Experten befürchten, dass die tansanische Währung weiter an Wert verliert, da es Anzeichen für Kapitalflucht gebe.

Amnesty International 06.11.18; Citizen 06.,08.,14.,18.11.18; East African 22.09.; 03.11.18; Guardian 08.,21.11.18; Reporters Sans Frontières 08.11.18; Voice of America 13.11.18;