Aktuelles – 07/2017

Aus Tansania Information
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Goldexporte: „Diebstahl“ und „Krieg“

Präsident Magufuli entschloss sich zu drastischen Maßnahmen, nachdem Proben aus beschlagnahmten Mineralsand-Containern zeigten, dass die Firma Acacia Gold Ltd. massiv fehl-deklariert und Steuern hinterzogen hatte. [s. u. „Acacia-Skandal]“. JPM sprach von „Wirtschaftskrieg“. Das Parlament unterstützte ihn mehrheitlich. Chadema-Abgeordnete befürchten aber Investitionsrückgang und Schadensersatz-Forderungen nach den Regeln der „Multilateral Investment Guarantee Agency“.

Kommentatoren weisen darauf hin, dass JPM ein schwieriger Balanceakt bevorsteht, wenn er einerseits die Komplizen der Betrügereien zur Verantwortung ziehen, andererseits aber die früheren Staatspräsidenten heraushalten will. Der Umstand, dass die Scanner, die im Hafen von DSM Container nach Elfenbein und Drogen durchsuchen, ebenfalls nicht einwandfrei arbeiteten, lasse auf ein gut eingespieltes Syndikat von hochgestellten Betrügern schließen.

Anfang Juli beschloss das Parlament im Eilverfahren drei neue Gesetze, die es der Regierung ermöglichen sollen, bestehende Verträge nachzuverhandeln, auch wenn dies ursprünglich ausgeschlossen wurde.

Citizen 28.05.17; DN 25.05.17; East African 29.06.17; Guardian 28.,30.05.17

Volkes Stimme

Einer Umfrage von „Twaweza“ im April 2017 zufolge ging die Zustimmung zu Präsident Magufulis Regierungsführung im Vergleich zu Juni 2016 von 96 auf 71% zurück. Bürger/innen unter 30 stimmten mit 68% weniger zu als Ältere (82%), Gebildete (63%) weniger als Einfache (75%) und Reiche (66%) weniger als Ärmere (75%). Auch die Arbeit des Parlaments wurden weniger positiv beurteilt: 58% (2016: 68%).

Die CCM hatte ihren Tiefpunkt 2013/14 mit 54%. Sie findet derzeit mit 63% etwas mehr Unterstützung als 2015 (62%), wobei die regierende Partei besonders von Älteren, Landbewohnern, Frauen und Ärmeren bevorzugt wird. Die oppositionelle Chadema dagegen verlor deutlich an Zustimmung: April 2017 nur noch 17% im Vergleich zu 32% in 2013. Sie hat unter Jüngeren, Männern, Wohlhabenden und Gebildeten mehr Zulauf.

Auch die Ansichten über die wichtigsten Problemfelder haben sich seit 2015 verschoben (Zahlen von 2015 in Klammern): Armut, Wirtschaftsprobleme beschäftigen 2017 60% (34%); Gesundheitswesen 40% (59%); Bildungswesen 22% (44%); Infrastruktur 21% (32%); Wasserversorgung 19% (46%) und Korruption 10% (28%). Demnach sieht die Bevölkerung deutliche Fortschritte beim Öffentlichen Dienst, vor allem beim Kampf gegen Korruption, macht sich jedoch vermehrt Sorgen um ihre wirtschaftliche Situation.

Das 9. Julius Nyerere Intellectual Festival in Dar-Es-Salaam untersuchte die Rolle der politischen Klasse in Afrika. Die zögerliche Entwicklung könne heute nicht mehr dem Kolonialismus angelastet werden. Hauptproblem seien Führungspersonen auf allen Ebenen, denen Visionen und eine legitime Autorität fehlten. Allzu Viele missbrauchten ihre Macht, um sich zu bereichern, indem sie undemokratische Praktiken, Korruption, Drogenhandel, Menschenrechtsverletzungen und Ausverkauf nationaler Ressourcen duldeten.

Citizen 15.06.17; DN 16.06.17; Guardian 14.06.17;www.twaweza.org 15.06.17

Kampf gegen Korruption

Das Antikorruptionsbüro PCCB konnte 2016 /17 TZS 60 Mrd. (€ 25 Mill.) sicherstellen. Vermehrte elektronische Kontrollen und der neue Gerichtshof für Korruptionsfälle sollen abschreckend wirken. Grünes Licht hat das PCCB auch, frühere Affären aufzurollen: den Richmond-Skandal, über den der damalige Premier E. Lowassa stolperte, sowie Millionenzahlungen der Bank of Tanzania auf Grund von gefälschten Dokumenten (Kagoda Agriculture Ltd., Meremeta Gold, Tangold). - Das PCCB entwickelt spezielle Lehrpläne zur Korruptionsverhütung für alle Schularten.

Das PCCB kann nun auch systematisch den Personenkreis um den seit 20 Jahren köchelnden IPTL-Skandal untersuchen [vgl. TI 2015 Jan. und Feb.]. Dabei waren auf mysteriöse Weise € 150 Mill., die die staatliche TANESCO wegen Streitigkeiten mit dem Stromerzeuger IPTL auf einem Treuhandkonto der Nationalbank hinterlegt hatte, an zwei Geschäftsleute ausgezahlt worden, die ihrerseits eine ganze Reihe Minister, Beamte, Richter und Geistliche geschmiert hatten. Die Beiden kamen nun in Untersuchungshaft. Die bisher wenig überzeugenden Ermittlungen hatten Geberstaaten veranlasst, ihre Zuwendungen zu verzögern. Präsident Kikwete musste daher 2015 zwei Minister und den Generalstaatsanwalt entlassen. Das Parlament hatte 2015 vergeblich eine gerichtliche Klärung verlangt. Der damalige Ausschuss-Vorsitzende, Z. Kabwe (ACT-Wazalendo) gratulierte Dr. Magufuli zu seiner Entscheidung, den Fall wieder aufzugreifen.

Citizen 10.,20.06.17; DN 20.06.17; Guardian 20.,21.,25.06.17

Repression - Kritik

Mehrere leitende Chadema-Mitarbeiter, darunter die Bürgermeister von Ubungo (DSM) und Arusha, wurden jeweils kurz vor geplanten Veranstaltungen von der Polizei zu Verhören vorgeladen, wodurch ihre Termine platzten. Meist wirft man ihnen „illegale Versammlungen“ vor. Die Chadema verurteilte die „repressiven Akte gegen Demokratie und Rechtsstaat“. Die „Koalition der Menschenrechts-Verteidiger“ (THRDC) bezeichnete den Missbrauch der Polizei für parteitaktische Manöver als verfassungswidrig.

E. Lowassa (Chadema-Zentralkomittee) beklagte, dass Regions- und Distriktschefs immer wieder Oppositionsführer für 48 Stunden für „Befragungen“ festnehmen lassen. Er verlangte, das polizeiliche Versammlungsverbot aufzuheben, da die regierende CCM landesweit ungehindert Versammlungen abhalte. Lowassa wurde seinerseits vorgeladen und vier Stunden lang befragt, weil er bei einer Iftar-Versammlung verlangt hatte, muslimische Geistliche der radikalen Uamsho-Bewegung freizulassen, die seit vier Jahren ohne Prozess festgehalten werden. Damit habe er sich der Volksverhetzung schuldig gemacht.

Der Parlamentspräsident („Speaker“) J. Ndugai schloss zwei Chadema-Abgeordnete für ein Jahr von den Sitzungen aus. Sie hatten lautstark gegen die gewaltsame Entfernung eines Kollegen aus dem Parlament protestiert. Ndugai drohte der Opposition, dass alle unbotmäßigen Äußerungen registriert würden: „ihr könnt im Parlamentsgebäude nichts sagen, was unbemerkt bleibt . . . Einige haben mich während eurer Versammlungen beleidigt“.

Der Innenminister M. Nchemba musste sich im Parlament wegen polizeilichen Machtmissbrauchs entschuldigen. Polizisten hatten Behinderte geprügelt und mit Tränengas angegriffen. Diese hatten dafür demonstriert, trotz des generellen Verbots ihre Dreirad-Gefährte in der Innenstadt von DSM benutzen zu dürfen.

Der Informationsminister verbot das Wochenblatt „Mawio“ („Dämmerung“) für zwei Jahre, weil es zwei frühere Staatspräsidenten mit nachteiligen Bergbau-Verträgen in Verbindung gebracht hatte [s.u. S. 8 Acacia-Skandal]. Das Herausgeber-Forum (TEF) ficht das Verbot vor Gericht an, da der Informationsminister nach dem Mediengesetz von 2016 nur einzelne Artikel verbieten könne, nicht aber ein ganzes Medium. „Mawio“ war bereits im Januar 2016 einmal die Lizenz entzogen worden, weil es in „aufwiegelnder Weise“ über die manipulierte Sansibar-Wahl berichtet hatte. Dies wurde aber zwischenzeitlich gerichtlich annulliert.

Ein Kommentator des Citizen fragt: „Ist Tansania die am wenigsten demokratische Nation in Ostafrika?“ Dies sei der Fall, weil wichtige Kriterien nicht erfüllt würden:

  • Tansania hat die „Afrikanische Charta zu Demokratie, Wahlen und Staatsführung“ der AU von 2007 immer noch nicht ratifiziert und befindet sich damit in Gesellschaft von Staaten wie Simbabwe, Marokko, Libyen, Eritrea und Ägypten.
  • Die allgemeinen Wahlen 2015 auf Sansibar wurden verfassungswidrig annulliert
  • Nur von Parteien aufgestellte Kandidaten, nicht aber Unabhängige können sich um die Präsidentschaft bewerben
  • Präsidentschaftswahlen können nicht vor Gericht angefochten werden
  • Politische Versammlungen sind bis 2020 verboten

Die scheidende US-Botschafterin wertete den Kampf Tansanias gegen Korruption positiv, zeigte sich jedoch „besorgt über entmutigende Anzeichen“ dafür, dass Transparenz, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Tansania weniger Beachtung finden.

Citizen 31.05.; 05.,18.,19.,20.,21.,25.,26.,30.06.17; Guardian 19., 21.06.17

Staatshaushalt 2017/18

Das Parlament verabschiedete den Haushaltsplan in Höhe von TZS 31,7 Bill., der bis Juni 2018 läuft. Gestrichen werden Abgaben auf Jagdlizenzen, Umweltschutzprüfungen, von Privatschulen (Ausbildungsabgabe), in der Landwirtschaft und die jährliche Kfz-Lizenzierung. Letztere wird durch eine Steuer von TZS 40 pro Liter fossilen Treibstoffs ersetzt. Damit werden auch Nutzer von Kerosinlampen und -herden belastet. Alkohol- und Tabaksteuern steigen um 5%. Bestimmte Investitionsgüter können zollfrei importiert werden. Andere, wie Eisen, Stahl, Aluminium und Papier werden mit Zöllen bis 25% belegt. Der Finanzminister will künftig auch Kleinhändler, Party-Services und Zeremonienmeister besteuern. Die Ausbildungsabgabe von 4,5% der Lohnsumme bleibt bestehen, obwohl sie neue Arbeitsplätze eher verhindert. Montage-Betriebe für Autos, Traktoren und Boote zahlen fünf Jahre lang nur 10 statt 30% Körperschaftssteuer.

Die Opposition äußerte sich besorgt über die stetig wachsenden Staatsschulden und nannte den Haushalt unrealistisch. Bereits im letzten Budget hätten allein die Ausgaben für Schuldendienst und Gehälter die Steuereinnahmen um TZS 2 Mrd. überstiegen. Für 2017/18 sind Einnahmen von TZS 19,9 Bill. angesetzt, obwohl im Vorjahr nur TZS 11,6 Bill. erzielt wurden. Daher konnten nur 38% der geplanten Entwicklungsinvestitionen umgesetzt werden. Der neue Haushalt sieht für Investitionen TZS 12 Bill. (38%) vor. Auch der IMF (Welt-Währungsfonds) hält die Einnahme-Erwartungen für allzu optimistisch.

Der Finanzminister erwartet TZS 4 Bill. Zuschüsse und Kredite von Geberländern und will 1,6 Bill. auf dem internationalen (Credit Suisse) und 6,2 Bill. auf dem nationalen Kreditmarkt aufnehmen. Auf diesem ist die Regierung damit ein übermächtiger Konkurrent der privaten Unternehmer. Die Banken haben ohnehin wenig finanziellen Spielraum, weil sie mit einer Welle von faulen Krediten zu kämpfen haben. - Frauenverbände kritisierten, dass Hygiene-Artikel noch nicht steuerbefreit sind.

Citizen 31.05.; 08.,10.,12.,22.,28.,29.06.17; DN 09.,21.06.17;Guardian 10.06.17

Mordserie in der Küstenregion

In den Distrikten Kibiti, Mkuranga und Rufiji der Küsten-Region wurden innerhalb von zwei Jahren 40 lokale Amtsträger, darunter 13 Polizeibeamte, erschossen [vgl. TI Juni 2017, S. 2]. Die „Menschenrechtsverteidiger“ (THRDC) riefen zu einer landesweiten Demonstration gegen die Morde auf. Da den Opfern außer Schusswaffen nichts geraubt wurde, schließt man auf einen politischen oder terroristischen Hintergrund.

Ein Angreifer verletzte in einem Restaurant auf Sansibar mit einem Messer sechs Personen, sowohl Ausländer wie Einheimische.

Citizen 31.05.; 07.,25.,28.06.17; Guardian 10.,23.06.17

Wirtschaftspolitik

Der Präsident löste das 2013 von seinem Vorgänger gegründete Durchführungsbüro auf. Dieses sollte unter dem Slogan „Big Results Now“ nach malaysischem Vorbild bürokratische Hemmnisse abbauen und Schlüsselsektoren wie Bildung, Landwirtschaft, Energie u.a. effizient entwickeln.

Der zwangsweise Börsengang aller Telekommunikationsfirmen erwies sich als undurchführbar. Jeweils 25% der Anteile sollten an der Börse Dar-Es-Salaam ausschließlich tansanischen Bürgern angeboten werden. Der Finanzminister will nun nur noch einige große Firmen zum Börsengang verpflichten und auch ausländischen Investoren Anteilskäufe ermöglichen.

Der Finanzminister teilte mit, dass Tansania 2016 seine Wachstumsziele zum Teil erreicht habe. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs um 7% auf TZS 103.744.606 Mill., woraus sich ein Pro-Kopf-Einkommen von TZS 2.131.299 (plus 11.1% im Vergleich zu 2015) ergebe.

Citizen 23.,28.06.17; Guardian 10.06.17

Kurzmeldungen

Die Zollbehörde will Güter von 335 Firmen versteigern, wenn sie nicht in Monatsfrist ausgelöst werden. Darunter sind Maschinen für das neue Kraftwerk Kinyerezi II und Vorräte der Welternährungsorganisation.

Tansania verliert jährlich mehr als 300.000 ha Wald. Die Regierung will daher erreichen, dass jährlich 280 Mill. Bäume gepflanzt werden, um der drohenden Desertifizierung entgegenzuwirken.

Tansania beherbergt 340.000 Flüchtlinge in drei neueren Lagern in der Kigoma-Region und älteren Siedlungen in den Regionen Katavi und Tabora. Die Meisten kommen aus Burundi und der DR Kongo.

Präsident Magufuli ernannte zwei führende Mitglieder der oppositionellen ACT-Wazalendo (Alliance for Change and Transparency) auf wichtige Regierungsposten: die ACT-Vorsitzende A. Mghwira wurde Kommissarin der Region Kilimanjaro, einer Chadema-Hochburg. ACT-Vorstandsmitglied Prof. K. Mkumbo wurde Staatssekretär im Wasserministerium. Noch nie bekleideten Nicht-CCM-Mitglieder so wichtige Posten. ACT-Führer Z. Kabwe und Prof. Mkumbo waren vor Jahren aus der Chadema ausgeschlossen worden und hatten dann die ACT-Wazalendo gegründet. Die Partei betrachtet die Ernennungen mit Skepsis; sie könnten zum Ziel haben, die Opposition zu schwächen und die im Bündnis UKAWA zusammengeschlossenen Oppositionsparteien auseinanderzudividieren.

Trotz Ausfuhrverbots für Nahrungsmittel wird über den Rombo-Distrikt, Kilimanjaro-Region Mais nach Kenia geschmuggelt. Bisher wurden dort 104 LKW-Ladungen beschlagnahmt.

Chadema-Mitbegründer und langjähriger Abgeordneter für Moshi-Stadt P. Ndesamburo starb im Alter von 82 Jahren. Bischof F. Shoo von der ELCT-Norddiözese rühmte ihn als Vorbild für Patriotismus, politische Fairness und soziale Verantwortung.

Die Nationalbank warnte vor einem Pyramiden-System, das von einer NRO namens „Amka Mwanamke“ (Erwache, Frau) betrieben wird. Die Organisation mit Hauptquartier in Mwanza fördert angeblich Unternehmerinnen durch Beratung und Kapitalbeschaffung. Wer an dem Schneeballsystem teilnimmt, zahlt TZS 4.000 ein und wirbt vier weitere Teilnehmer an. Ähnliche Netzwerke laufen unter Namen wie D9-Club und Bega kwa Bega Microfinance. 2009 hatte ein Schneeball-System geschätzte TZS 92 Mrd. eingesammelt.

Die industrielle Schlachtung von Eseln wurde verboten, nachdem die Zahl der Tiere stark zurückgegangen war und die nomadische Bevölkerung unter den stark gestiegenen Preisen für Esel litt. Speziell zubereitete Produkte aus Haut und Fleisch von Eseln gelten in China als Aphrodisiakum und Wundermittel gegen Altersbeschwerden.

Citizen 19.,25.05.; 05.,07.,15.06.17; DN 04.,06.,07.06.17; East African 04.06.17; Guardian 06.,15.,19.06.17