Aktuelles: 100 Tage Magufuli-Präsidentschaft: Zustimmung zu neuem Politik-Stil - 03/2016

Aus Tansania Information
Version vom 6. Januar 2019, 20:21 Uhr von imported>Sysop (1 Version importiert)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Selbsteinschätzung

Präsident Magufuli („JPM“) markierte seine ersten 100 Tage im Amt mit einer Rede vor den traditionellen Ältesten in Dar-Es-Salaam. Er berichtete von einem Besuch in der Entbindungsstation des Muhimbili-Krankenhauses. Angesichts von Müttern, die zu Fünft auf einer Matratze auf dem Boden lagen, befahl er, einen benachbarten klimatisierten Verwaltungstrakt innerhalb von zwei Tagen zu räumen und mit Betten auszustatten. Einen Unternehmer, der seit 1990 an einem vierstöckigen Klinikgebäude werkelt, entließ er auf der Stelle. „Manche unserer Entscheidungen erscheinen brutal. Wir tun es, weil so vielen Menschen Unrecht geschieht.“

Von Dorfverwaltungen bis in die Ministerien habe er auf allen Ebenen massive Verrottung gefunden. „Das werden wir ändern“. Da sich nach Abschaffung der Schulgebühren die Schülerzahlen vielerorts verdoppelten, werde massiv in Klassenräume investiert und dafür auch zu Spenden aufgerufen.

Laut Kabinetts-Sekretär Sefue zeigen die ersten 100 Tage, dass die Regierung auf kompetente Weise ihre Verpflichtungen gegenüber den Bürger/innen erfüllen wird. Zunächst konzentriere sich der Präsident auf seine innenpolitischen Ziele, weshalb er zu internationalen Konferenzen Vertreter entsandt habe (was kritisiert worden war; u.a. ging es um das Treffen der Staatsoberhäupter der Afrikanischen Union in Addis Abbaba). Internationales Ansehen gewinne das Land jedoch nicht auf Konferenzen, sondern durch entschlossenen Kampf gegen Korruption, Drogenhandel und Wildern.

Schlüsselelemente seien dabei: Ressourcen erkennen und konsequent erschließen, Einsparungen (bisher TZS 7 Mrd. allein bei Auslandsreisen), Prioritäten setzen und zügig handeln. Es wurde registriert, dass der Kabinettssekretär die Vorarbeit früherer Regierungen hervorhob. JPMs Erfolge sollen demnach weniger als Abkehr von der bisherigen CCM-Linie, denn als Früchte kontinuierlicher Arbeit der Partei erscheinen.

Citizen 13.02.16; DN 14.,15.02.16; Guardian 14.02.16;

Sicht der CCM

Der CCM Generalsekretär sagte, JPMs Aktionen seien schmerzlich, aber längst fällig. CCM-Vorsitzender Kikwete unterstrich wiederholt, dass Magufuli als Präsident effizient das CCM-Wahlprogramm verwirkliche und dabei die volle Unterstützung der Partei habe. Einige „Söldner“, die JPMs Anstrengungen sabotierten, würden in einem Säuberungsprozess ausgeschaltet. „Wir sollten uns schämen: wir sitzen in klimatisierten Büros auf Drehstühlen, während unsere Kinder auf dem Boden ihres Klassenzimmers kauern.“ Die CCM spendete ihr Fest-Budget für 1000 Schulbänke in der Singida-Region.

Der Citizen konstatiert hingegen nach 100 Tagen Magufuli-Regierung einen klaren Bruch mit der bisherigen Linie der CCM. JPM habe in dieser Zeit mehr für das Land getan als seine Vorgänger in Jahrzehnten. Die „Eiterbeulen“, die er nun aufsteche, plagten das Land schließlich seit 40 Jahren. Statt des bisherigen Laissez-faire und folgenloser Kommissionen packe JPM den Stier bei den Hörnern. Das sei tatsächlich neu.

Citizen 07.,14.,23.02.16; DN 07.02.16

Presse und Prominente

Der „Citizen“ zitiert das Muhimbili-Krankenhaus in DSM als Beispiel für Magufulis Ansatz: Vieles läuft dort nach wenigen Eingriffen an der richtigen Stelle spürbar besser: Neue Leitung, neuer, effizienter Computertomograph, pünktliche Gehaltszahlung, Dienstbereitschaft. Allerdings dürfe man nicht übersehen, dass diese Einrichtung wie viele andere chronisch unterfinanziert ist und daher nicht nachhaltig geführt werden kann. Zunächst jedoch sei der Ruck, das Erwachen aus der allgemeinen Lethargie, entscheidend.

Ein Journalist berichtet amüsiert, wie er in Nairobi als „TZ-ler“ und Magufuli-Typ“ sogleich zum Mittelpunkt des Gesprächs wurde, Freibier bekam und man ihm sogar ein Verkehrsvergehen nachsah.

Ein Kolummnist beklagt ironisch zunehmende Verkehrsstaus, nun da alle Staatsdiener pünktlich zum Dienst eilten. Vorbei sei auf den Ämtern die gewachsene Kultur des „Njoo kesho“ (Versuch's morgen wieder). Vorbei stundenlange Teepausen, die demütige Antragsteller geduldig abwarten mussten. Papiere und Akten seien auffindbar, die bezahlten Lotsendienste für „Abkürzungen“ überflüssig. Öffentliche Dienstleistungen seinen plötzlich nicht mehr ein Gunsterweis, sondern ein Bürgerrecht. Ernsthaft erinnert der Autor allerdings daran, dass „Njoo kesho“ ein tief verwurzeltes und ausgeklügeltes System sei, während „Hapa kazi tu“ (Ran an die Arbeit) zunächst nur ein Slogan sei, noch lange keine Service-Kultur [vgl. unten „Kritische Stimmen].

J. Warioba, früherer Richter, Premier und Redakteur des „Zweiten Verfassungsentwurfs“ rühmt, dass Magufuli konsequent arbeitet und mit Steuer-, Gesundheits- und Bildungspolitik die richtigen Schwerpunkte setzt. Die Disziplinierung des öffentlichen Dienstes sei der Schlüssel zum Erfolg. - Der Regionalscheich von DSM nannte JPM einen Segen für das Land. Er stelle Vertrauen und Hoffnung der Öffentlichkeit wieder her. - Der frühere Außenminister I. Kaduma bezeichnete Magufuli als Anwalt der Armen wie Mwalimu Nyerere. - Die Präsidentschaftskandidatin A. Mghwira (ACT-Wazalendo) pries den beachtlichen Eifer Dr. Magufulis und erwartet von ihm einen neuen Anlauf zu einer guten Verfassung. Der frühere Premier A. Salim würdigte die „gediegene Leistung“ Magufulis und rief alle Bürger auf, sich seinem Kampf gegen Veruntreuung, Verschwendung und Nachlässigkeit anzuschließen. Ähnlich äußerten sich viele angesehene Politiker, zum Teil auch aus oppositionellen Parteien. Alle Bürger/innen sollten mit der Regierung gegen Korruption angehen.

Die Stiftung der Privatwirtschaft gab zu, dass viele Geschäftsleute bisher mit Bestechung gearbeitet hätten. Dies treibe aber die Kosten in die Höhe, schrecke Geber und Investoren ab. Alle Unternehmer sollten nun den Integritätspakt unterzeichnen, ihre Steuern zahlen und die Regeln einhalten.

Auf Einladung der CCM in der Kilimanjaro-Region trafen sich christliche und moslemische Führungspersonen, um für die Regierung zu beten. Sie dankten für die bisherigen Maßnahmen.

Arusha Times 23.01.16; Citizen 12.02.16; DN 12.,15.,16.,22. 02.16; East African 20.02.16; Guardian 12.,24.02.16

Stimmen aus der Bevölkerung

Eine Umfrage des Citizen / Mwananchi ergab 90,4% Zustimmung zur JPM-Politik, mit Ausnahme des Umgangs mit der Sansibarkrise. Bei den Frauen zeigten sich sogar 93% zufrieden (Männer: 88%). Die höchste Zustimmung (97%) kam aus dem südlichen Tansania, die geringste aus dem Nordwesten (75%). Wenn diesen Monat gewählt würde, würden 70% Magufuli wählen (58% hatten ihm im Oktober 2015 ihre Stimme gegeben). Die wenigen skeptischen Stimmen kamen von Städtern mittleren Alters. Die große Ausnahme: Nur 34% der Befragten billigten JPMs Untätigkeit in der Sansibarkrise. Oppositionsführer E. Lowassa verlor stark an Popularität (von 40% auf 20%).

Mehrere Uni-Professoren lobten JPMs Kurs: ein wirtschaftlich unabhängiges Tansania erscheine wieder möglich. Der Öffentliche Dienst gewinne Respekt und Disziplin zurück. „Man sieht nicht mehr den ganzen Tag Regierungsfahrzeuge umherfahren. Die Beamten erscheinen pünktlich zum Dienst und arbeiten sorgfältig. Die Dinge ändern sich.“ Manche Minister sollten sich jedoch vor harschen, übereilten Befehlen hüten.

Viele Stimmen aus Akademikerschaft und Presse zeigten sich jedoch besorgt darüber, dass die TV-Direktübertragungen der Parlamentsdebatten (außer der Fragestunde) „aus Kostengründen“ eingestellt werden. Nur ausgewählte Aufzeichnungen sollen nach 22 Uhr gesendet werden. Dies behindere die Opposition, schwäche das Parlament und schade JPMs eigenen Anliegen. [s.u. „Kritische Stimmen“]

Citizen 03.,11.,12.,13.,14.02.16;

Auslandsreaktionen

Staatspräsident und Premierminister empfingen die Botschafter fast aller europäischen Staaten, sowie Indiens, der Türkei, Israels und der USA. Die Gesandten zeigten sich über die Reformen Magufulis erfreut und versprachen weitere Unterstützung, wobei die Europäer Antikorruptions-Kampf und finanzielle Konsolidierung hervorhoben. Ruandas Außenminister dankte für die verbesserten Leistungen des Hafens DSM, die seinem Land zugute kommen. Der Internationale Währungsfonds zeigte sich von JPMs Sparmaßnahmen und seiner konsequenten Steuerpolitik beeindruckt

Citizen 27.01.; 20.02.16; DN 25.01.; 24.02.16