Innenpolitik ‐ 05/2025

Aus Tansania Information
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Rechenschaftsbericht

Premierminister Kassim Majaliwa stellt dem Parlament seinen Rechenschaftsbericht für die fünfjährige Regierungszeit von Präsidentin Hassan vor und benennt als Höhepunkte: Schaffung von 8 Mio. Arbeitsplätze, Normalspur-Bahnstrecke von Dar es Salaam nach Dodoma, Ostafrikanische Rohöl-Pipeline vom ugandischen Albertsee zum Ölterminal im tansanischen Tanga, JNHPP-Kraftwerk am Rufiji, Msalato International Airport in Dodoma, ländliche Stromnetz mit 4000 neu integrierten Dörfern, Bereitstellung von Sekundarschulen für Mädchen jetzt in allen 26 Regionen mit Konzentration auf Naturwissenschaften, von 8458 auf 9826 erhöhte Zahl von Gesundheitszentren mit sinkender Mütter- und Säuglingssterblichkeit und die auf 128 % gesteigerte Ernährungssicherheit Tansanias.

Guardian, 02.04.2025, Citizen, 10.04.2025

Abgeordnete kritisieren jedoch die abgesenkten Standards für die Ernährungssicherheit, die Verschleppung des Msimbazi-Flussbecken-Projekts sowie des Bus Rapid Transit (BRT) für Dar es Salaam und das Bildungswesen, das darin scheitere, gut ausgebildete Absolventen hervorzubringen. Die Ernährungssicherheit werde ausschließlich aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet, die diesbezügliche Behörde müsse wieder dem Gesundheitsministerium statt dem Wirtschaftsministerium angegliedert werden. Lebensmittelexporte kämen oft nicht zustanden, weil tansanische Produkte internationale Standards nicht erfüllten, so die Special-Seats-Abgeordnete Neema Lugangira. Tansania nutze sein Potenzial nicht, so der ernannte Abgeordnete (CCM) Shamsi Vuai Nahodha, das Land habe genug Ingenieure, doch Brücken und Gebäude würden Ausländer bauen und Gasflaschen müsse man importieren.

Citizen, 11.04.2025

Anklage wegen Landesverrat

Im Anschluss an eine Wahlveranstaltung in Mbinga in der Ruvuma-Region am Abend des 9. April wurde Tundu Lissu verhaftet. Die Anklage am Folgetag in Dar es Salaam gegen den Parteivorsitzenden der oppositionellen Chadema lautet Landesverrat und Veröffentlichung von Fake-News nach dem Cyber-Crimes-Gesetz. Sie wirft einen Schatten auf den Kampf um freie und faire Wahlen im Oktober und zeigt, dass die Regierung die Kampagne „Keine Reformen, keine Wahlen“ im Keim ersticken will. Bei Landesverrat gibt es keine Freilassung auf Kaution und es gilt die Todesstrafe. Man erwartet, dass Lissu bis nach der Wahl in Haft bleibt. Es lässt sich nur schwer einschätzen, was seine Kampagne bisher bewirkt hat, wenngleich die Veranstaltungen gut besucht waren. Jetzt könnte die Verhaftung den fehlenden Funken liefern und den zivilen Ungehorsam auslösen, den die Opposition vor der Wahl hatte bewirken wollen.

EastAfrican, 12.04.2025, Citizen, 11.04.2025, BBC, 24.04.2025

Die Chadema-Führung beschloss, in der Folge der Verhaftung die Wahlen doch zu boykottieren. Ramadhani Kailima, der Leiter der Unabhängigen Nationalen Wahlkommission, verkündete daraufhin, dass Chadema für die nächsten fünf Jahren von allen Wahlen ausgeschlossen sei, da sich die Partei geweigert habe, den Verhaltenskodex der Regierung zu akzeptieren – dies ist die Voraussetzung für die Teilnahme an den Wahlen im Oktober 2025. Am 12. April hatten 18 registrierte Parteien den Kodex unterschrieben. Die Juristen der Chadema (Dr. Rugemeleza Nshala) ziehen jetzt gegen den Verhaltenskodex zu Felde und versuchen Verfassungsbruch zu beweisen.

Citizen, 15./16.04.2025

In einer Pressekonferenz am 17. April teilte der Staatsminister des Präsidentenbüros George Simbachawene mit, dass die Regierung eine Wahlrechtsreformen noch vor der Wahl aus Zeitgründen ausschließe. Unter dem 4R-Programm der Präsidentin habe es unter Einbeziehung aller Parteien bereits Wahlrechtsreformen gegeben und es sein die Unabhängige Nationale Wahlkommission eingesetzt worden. Die geforderte Verfassungsänderung sei zeitlich nicht zu schaffen.

Citizen 18.04.2025

Am 24. April hätte Tundu Lissu vor Gericht erscheinen sollen, doch er ließ sich von seinen Anwälten vertreten. Bei dieser Gelegenheit wurden auch der Generalsekretär John Mnyika und der stellvertretende Parteivorsitzende der Chadema John Heche verhaftet.

BBC, 24.04.2025

Chadema: Innerparteiliche Opposition

Nicht wenige Chadema-Mitglieder kritisieren die „No Reforms, No Election“-Kampagne, mit der die Verschiebung der Wahl auf einen Zeitpunkt nach den Reformen erzwungen werden sollte. Zu ihnen gehört auch John Mrema, der frühere Kommunikationsbeauftragte der Partei. Er sieht die Einheit der Partei in Gefahr. Statt auf eine Verhinderung der Wahl, sollte sich die Partei lieber auf die Teilnahme an ihr konzentrieren. Der Verzicht auf die Teilnahme stelle ein finanzielles Problem für die Amtsanwärter der Partei dar. Auch die Special-Seats-Abgeordnete Jesca Kishoa warnt vor einem Boykott. Die Menschen würden Präsidentin Hassan unterstützen.

Guardian, 07.04.2025

Kritiker innerhalb der Chadema bezichtigen ihr Führungspersonal der Arroganz und verurteilen die Weigerung, den von der Regierung als Voraussetzung für die Teilnahme an der Wahl vorgelegten Verhaltenskodex zu unterzeichnen. Doch die Parteiführung will weiter an ihrer „No Reforms, No Election“-Agenda festhalten, so der stellvertretende Vorsitzende Aman Golugwa. Die Kritiker fürchten, dass die Nicht-Unterzeichnung des Kodex die politische Karriere vieler Chadema-Mitglieder beende und die Partei sich für diese Wahl und die der nachfolgenden fünf Jahre disqualifiziert habe. Ihr Sprecher John Mrema teilte auf einer Pressekonferenz am 22. April in Dar es Salaam mit, dass ihre Bitte an die Führung, den Kodex zu unterschreiben, von ihr ignoriert worden sei. Der Einspruch des Chadema-Justiziars Rugemeleza Nshala gegen den Ausschluss von der Wahl führe nun zu einem juristischen Schlagabtausch mit ungewissem aber wenig hoffnungsvollem Ausgang. John Mrema sehe nicht, wie die Chadema die Wahl aufhalten könne. Parteiaustritte und Parteiwechsel seien zu erwarten. Außerdem würden Kritiker innerhalb der Partei eingeschüchtert und mit Disziplinarmaßnahmen bedroht. Das Klima der Intoleranz und die Unterdrückung abweichender Auffassungen sei gefährlich und werde der Partei schaden.

Citizen 23.04.2025

Staatsprüfer-Bericht

Der Bericht, den Staatsprüfer Charles Kichere dem Parlament am 16. April vorstellte, offenbarte einen Verlust von 430 Mio. $ verursacht v.a. durch die Normalspur-Bahn (verdoppelt von 38,23 Mio. auf 83,95 Mio. $) und Air Tanzania (um 62 % erhöht von 22,19 Mio. auf 34,4 Mio. $). Insgesamt gebe es 430,2 Mio. $ unerklärte Zusatzausgaben im zurückliegenden Jahr sowie das größte Defizit zwischen Staatsausgaben und –einnahmen seit 2017. Außerdem seien von 977,36 Mio. $ aus der Treibstoffbesteuerung nur 543,44 Mio. $ in die projektierte Finanzierung von Wasser-, Straßen-, Eisenbahn- und Elektrifizierungsvorhaben geflossen, womit 44 % (430,19 Mio. $) fehlten. Dieser Hinweis auf Korruption ist für die Regierung vor dem Hintergrund der kommenden Wahlen und ihrem restriktiven Umgang mit der Opposition eine schlechte Nachricht. Eine ähnliche Situation im März 2018 veranlasste Präsident John Magufuli, den damaligen Staatsprüfer Prof. Mussa Assad zu feuern und Kichere einzusetzen. Eine Erklärung für den Verbleib der damals fehlenden 566 Mio. $ wurde nie abgegeben. Der National Health Insurance Fund, der bisher immer mit Verlusten zu Buche geschlagen hatte, wies im zurückliegenden Jahr ein Plus von 28,49 Mio. $ auf. Das Budget für das Finanzjahr bis Juni 2025 hatte sich bei 18,98 Mrd. $ befunden und sollte sich zu 67,4 % durch Steuereinnahmen finanzieren, das kommende für 2025/2026 soll sich auf 21,2 Mrd. $ erhöhen. Internationaler Währungsfonds (IMF) und Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) haben bereits Unterstützung zugesagt, ohne dass die Regierung erklärt hat, wozu sie das Extrageld benötig und zu welchen Bedingungen es geliehen wird. Die Staatsverschuldung Tansanias befindet sich zum Ende des ablaufenden Finanzjahrs bei 25,5 Mrd. $. Kenia hat 865 Mio. $ bei AfDB und IMF beantragt, um sein Haushaltsdefizit auszugleichen.

EastAfrican, 19.04.2025

Der Staatsprüfer zeigt sich besorgt darüber, dass die Regierung durch massive Verschuldung die Pensionskasse gefährde und dass sie dieser 3,57 Mrd. TZS schulde. Der Kommunikationschef des Finanzministers Ben Mwaipaja versichert, diese Schulden würden ausgeglichen. Ähnliche Sorgen waren bereits bei der Vorstellung des letzten Staatsprüfer-Berichts geäußert worden.

Citizen, 18.04.2025

Angriff auf oppositionellen Kleriker

An staatliche Angriffe auf Oppositionspolitiker, vor allem im Vorfeld von Wahlen, ist man in Tansania fast schon gewöhnt, kritische Kirchenführer waren bisher nicht betroffen. Doch dieses Mal galt die Attacke dem prominenten tansanischen Priester und Regierungskritiker Pfarrer Charles Kitima, der außerdem Generalsekretär der Tansanischen Bischofskonferenz ist. Boniface Mwabukusi, der Präsident der Tanganyika Law Society und die US-Botschaft verurteilten die Gewalttat als schockierend und brutal. Immer häufiger äußern sich religiöse Führer aller Konfessionen öffentlich und missbilligend zur Menschenrechtslage in Tansania und zu Regierungsangelegenheiten, was der Regierungspartei Chama cha Mapinduzi deutlich missfällt. Beobachter äußern die Befürchtung, dass die Regierung nun vermehrt kritische Kleriker ins Visier nehmen könnte.

Guardian, 21.04.2025, BBC, 30.04.2025, Tanzania Times, 01.05.2025