Gesundheit, COVID-19 - 09/2021
Covid-Wende in Tansania
Seit ihrem Amtsantritt im März hatte sich Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan vom Covid-Kurs ihres Vorgängers Magufuli allmählich abgesetzt. Nach Monaten vorsichtiger Diskussionen und Ankündigungen erfolgten nun im Juli und August praktische Schritte, deren Reichweite abzuwarten bleibt.
Impfkampagne
Im Juli erhielt das Land eine Spende von einer Million Impfdosen des Typs Johnson & Johnson von den USA. Bei diesem Impfstoff, der sich 3 Monate lang im Kühlschrank hält, ist nur eine einzelne Impfung vonnöten. Die Präsidentin ließ ihn sich zur Eröffnung der Impfkampagne am 28. Juli vor Fernsehkameras geben. Zielgruppen dieser ersten Impfwelle sind Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Menschen über 50 und solche mit Vorerkrankungen. Die Impfungen sollen freiwillig sein.
In sozialen Medien drückten zahlreiche Beteiligte ihr Erstaunen aus, dass die Präsidentin trotz ihrer zahlreichen Äußerungen zum Thema immer noch nicht geimpft gewesen war. Andere fragten, ob dies jetzt nur eine Schauimpfung ohne Wirkstoff war.
Auch in den Regionen setzten Impfungen ein. So wurde aus Rukwa und Katavi berichtet, dass jede Region 20.000 Dosen erhalten hatte. In der Rukwaregion wird an 11 Orten geimpft. Die Aktionen wurden vor Ort durch die Regionalkommissare eingeleitet, die jeweils die erste Dosis erhielten. In Mwanza trat dazu der Kommissar gemeinsam mit dem CCM-Vorsitzenden an. In Dar es Salaam hatten sich bis Anfang August bereits 10,000 Personen für die Impfung angemeldet.
Ende August waren landesweit 304, 603 Personen geimpft, davon 201.476 Männer und 103.127 Frauen. Wenn die Zahl stimmt, hat Tansania in einem Monat nur ein Drittel der erhaltenen Impfdosen verbraucht. Insgesamt gibt es laut Gesundheitsministerium 550 Impfstellen in staatlichen und privaten bzw. konfessionellen Krankenhäusern.
Nach Angaben der Regierung sollen weitere Aktionen mit Pfizer/BioNTech, Moderna und den chinesischen Mitteln Sinovac und Sinopharm folgen. Laut Regierungssprecher Gerson Msigwa werden in nächster Zeit 11 Millionen Dosen erwartet.
Das Gesundheitsministerium begann Ende Juli auch, wieder einige Zahlen über Infektionen zu veröffentlichen. Bis dahin stand die offizielle Zählung bei den 509 Fällen des April 2020. Es wurde aber nicht deutlich, auf welcher Grundlage und in welchem Zeitraum die neuen Zahlen von 858 Fällen Ende Juli erhoben worden sind.
Sansibar hatte mit der Impfung seines Gesundheitspersonals bereits Mitte Juli begonnen. Hier wird der chinesische Impfstoff Sinovac eingesetzt. Die Regierung hatte ihn ursprünglich bestellt, um den Hadschpilgern die Reise nach Mekka zu ermöglichen. Nachdem aber Saudi-Arabien alle Einreisen ausgeschlossen hatte, wurde nun mit den Mitarbeitern des Gesundheitswesens begonnen. Insgesamt will Sansibar 1,4 Millionen seiner 1,6 Millionen Einwohner impfen und dabei 10jährige Kinder einschließen. Damit soll der Neustart der Tourismuswirtschaft ermöglicht werden. - Ende August wurde bekannt, dass Sinovac für die nun wieder möglichen Reisen nach Mekka nicht anerkannt ist.
Bloomberg 13.07., Citizen 27.07.+30.08, DN 05.08., Guardian 04.08.+31.08., Jamiiforums 29.08., Mwananchi 15.08., Reuters 28.07.
Neue Covid-Welle
Seit Anfang Juli gibt es Anzeichen für eine neuerliche Covid-Welle in Tansania. Präsidentin Samia hielt bei Reisen im Lande mehrfach kurze Ansprachen zur Bevölkerung und wies sie auf gehäufte Fälle in Dar es Salaam, Kagera, Mwanza und Arusha hin. Sie forderte alle auf, sich an die bekannten Vorsichtsmaßnahmen wie Gesichtsbedeckung, Abstand und Händewaschen zu halten. Diese sollten auch in Schulen und öffentlichen Gebäuden umgesetzt werden.
Am Flughafen von Dar es Salaam wurden indes neun Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes vom Dienst suspendiert. Bei einem Ortstermin des Staatssekretärs im Gesundheitsministerium bemerkte dieser, dass einer der abgeordneten Mitarbeiter nicht zur Arbeit erschienen war, und er erfuhr, dass am Vortage gleich 8 nicht angetreten waren.
Die Zeitungen verzeichneten eine Reihe von Todesfällen prominenter Bürger, wobei in der Regel keine Todesursache angegeben wurde. Im Falle des früheren Ministers Basil Mramba gab die Familie bekannt, dass er an Covid-Folgen gestorben war. Der frühere Minister unter Kikwete ist vielen älteren Tansaniern durch seine lebhafte Verteidigung eines Hubschrauberkaufs für den Präsidenten in Erinnerung, wonach er nötigenfalls Gras essen würde, damit der Präsident seinen Hubschrauber bekommt. 2015 wurde er wegen Korruption zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt.
In Dar es Salaam sollen, laut der oppositionellen Netzseite SautiKubwa, mehrere Intensivstationen voll sein und der Sauerstoff knapp werden. Ein Friedhofswärter berichtete, dass er jetzt 5-7 Beerdigungen wöchentlich anstatt der üblichen 1-2 habe. Auch aus Sansibar wurde gemeldet, dass im Hauptkrankenhaus der Stadt die Zahl der Covid-Patienten stark angestiegen sei und es an Sauerstoff mangelt.
DN 08.07., Citizen 08.07+17.08., Guardian 28.08., Jamiiforums 17.08.Mwananchi 13.07., SautiKubwa 25.08.2021
Probleme in Verkehrsmitteln
In Dar es Salaam ordnete der Regionalkommissar Makalla am 3. August eine Maskenpflicht für alle Benutzer des öffentlichen Nahverkehrs an. Diese Anordnung wird aber von der Mehrheit nicht befolgt; im Stadtbild sind weniger Gesichtsbedeckungen zu sehen als zu Beginn der Epidemie im Frühjahr 2020. Die öffentlichen Äußerungen des verstorbenen Präsidenten Magufuli haben offenkundig weiterhin starke Auswirkungen auf die Einstellung vieler Tansanier.
Die Betreiber der Daladala-Kleinbusse wurden aufgefordert, keine Passagiere für Stehplätze mehr zuzulassen, um mehr Distanz einhalten zu können. Dies wird von den Unternehmen ignoriert. Kisimati Jaffar vom Verband der Buseigner in Dar es Salaam sagte dazu, solange die Regierung keine höheren Fahrpreise genehmigt, könne kein Busbetreiber auf die Stehplätze verzichten. In den letzten 12 Monaten sind die Treibstoffpreise um 58% angestiegen, ohne dass die Fahrpreise sich änderten. Das liege an höheren Erdölpreisen auf dem Weltmarkt, aber auch an höheren Steuern und Abgaben. Ansonsten herrsche auf den Märkten wie Kariakoo und Mabibo das übliche Gedrängel wie eh und je. So sei es nicht einsichtig, dass ausgerechnet in den Daladalas Beschränkungen eingeführt werden sollen.
Bei Beginn der Epidemie war im Vorjahr die Begrenzung der Fahrgastzahl durchgesetzt worden, allerdings bei seiner Zeit billigeren Benzinpreisen. Außerdem waren damals auch die Schulen geschlossen und so wurde allen ungenutzten Schulbussen eine Erlaubnis zum öffentlichen Personentransport erteilt. In der jetzigen Lage unternimmt die Regierung anscheinend keine große Anstrengung, die Befolgung ihrer Verordnung zu erzwingen.
DN 03.08; Citizen 07.08 2021
Impfpanik an Schule
Ende Juli kam es an einer Grundschule in Mererani bei Moshi zu einer Panik unter Schülern. Ein Krankenwagen traf ein, dem mehrere Personen in weißen Kitteln entstiegen. Unter den Grundschülern breitet sich das Gerücht aus, dass jetzt alle geimpft werden müssten, woraufhin zahlreiche Schüler der unteren Klassen aus der Schule liefen und sich in der Umgebung versteckten. Den daraufhin herbeigeeilten besorgten Eltern wurde mitgeteilt, dass es sich lediglich um den jährlichen Besuch vom Gesundheitsamt handelte, dessen Mitarbeiter Vorträge zur Krankheitsverhütung halten.
Mwananchi 30.07 2021
Ansteckende Impfskepsis
In der Bevölkerung wirkt sich die Skepsis gegen Covid-Impfungen offenkundig auch auf andere Impfprogramme aus, die bisher ohne Probleme liefen. Der leitende Arzt des Programms für die Cholera-Schluckimpfung wies bei einer Pressekonferenz darauf hin, dass die Schluckimpfung nichts mit Covid zu tun habe und forderte die Öffentlichkeit auf, nicht auf die vorgesehene 2. Impfdosis zu verzichten.
DN 11.08 2021
Priester sollen sich impfen lassen
Dar es Salaams katholischer Erzbischof Thaddaeus Ruwa'ichi forderte von allen Priestern, sich impfen zu lassen. Das sagte er bei der Trauerfeier für den an Covid verstorbenen Priester Paul Haule. „Lasst uns Gebrauch von den Möglichkeiten machen, die Gott uns gegeben hat“, sagte Ruwa'ichi. Es sei Gottes Wille, dass es Menschen gut geht, und deshalb habe jeder Verantwortung für das Leben. Er sprach direkt den Pfingstprediger Gwajima an, der seit Monaten gegen Covid-Impfungen zu Felde zieht und warnte davor, auf dessen Behauptungen zu hören.
Citizen 24.04 2021