Justiz, Polizei ‐ 12/2025

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Verhaftungen und Haftentlassung

Vor Gerichten in Dar es Salaam sind mindestens 240 Personen angeklagt, die angeblich zum Demonstrieren angestiftet haben, um die Wahl zu stören. Das Vergehen wird als Landesverrat gewertet, auf das in Tansania die Todesstrafe steht, die jedoch in der Regel in lebenslänglich umgewandelt wird. Die letzte Hinrichtung erfolgte in den 1990er Jahren.

BBC, 7.11.2025

Am 10. November wurden die Chadema-Führer John Heche (verhaftet am 18.10. auf dem Weg zur Beerdigung von Raila Odinga in Kenia), Amani Golugwa, Bonface Jacob und Godbless Lema auf Kaution aus der Haft entlassen. Zuvor hatte sich Vizepräsident Emmanuel Nchimbi auf einer SADC-Tagung öffentlich zu Versöhnung und der Wiederherstellung von Frieden, Stabilität und Einheit bekannt. Eine Vereinbarung zwischen Regierung und den Chadema-Führern hatte es im Vorfeld jedoch nicht gegeben. Die Freisetzung wird allgemein als hoffnungsvolles Zeichen bewertet.

Bisher wurden nur 641 im Zusammenhang mit den Vorfällen rund um die Wahl Verhaftete vor Gericht gestellt. Die TLS gibt an, dass in Dar es Salaam über 400, in Mwanza mehr als 200, in Kilimanjaro 312 und in Mbeya, Njombe, Songwe, Kigoma und Tabora viele weitere Verhaftungen erfolgte seien. Wegen Landesverrat oder Terrorismus für schuldig befundene Angeklagte müssen mit einer Strafe von 30 Jahre bis maximum lebenslänglich oder der Todesstrafe rechnen. Die TLS, so der TLS-Anwalt William Maduhu, unterstütze die Inhaftierten unentgeltlich, die meist zwischen 15 und 25 Jahre alt und wenig rechtserfahren seien. Viele der Inhaftierten, so TLS-Anwalt Paul Kisabo, hätten Verletzungen, die auf Polizeigewalt schließen ließen. Die TLS beobachte die Situation weiter.

Citizen, 12.11.2025

Weitere 139 Haftentlassungen folgten am 24. November in der Folge von Präsidentin Hassans Rede am 14. November, in der sie mitteilte, dass viele der während der Unruhen Verhafteten und jetzt wegen Hochverrat Angeklagten nur Mitläufer gewesen seien und nicht gewusst hätten, was sie tun. Als Mutter bitte sie die örtlichen Gerichte, diese Fälle zu überprüfen.

Citizen, 25.11.2025

Veranlasst durch Präsidentin Hassans Empfehlung vom 18. November während ihrer Rede zur Parlamentseröffnung erfolgt die Entlassung weiterer Verhafteter, bis zum 25. November insgesamt 607 Personen. Der neue Justizministers Juma Homera gibt an, dass im Zusammenhang mit der Wahl landesweit 2.045 Personen verhaftet worden seien. Von ihnen sind nach umfassender Überprüfung 1.736 Verdächtige zu entlassen.

TheChanzo, 27.11.2025

Klage vor dem EACJ

Tansanische menschen- und medienrechtliche Organisationen (Legal and Human Rights Centre, Media Coucil of Tanzania, Tanzania Human Rights Defers Coalition, Centre for Strategic Litigation) haben vor dem Ostafrikanischen Gerichtshof (EACJ) geklagt, dass das Electronic and Postal Communications Act (Epoca) gegen fundamentale Rechte verstoße, die im Vertragswerk der Ostafrikanischen Gemeinschaft zugesichert seien. Gemäß den Bestimmungen seien Partner verpflichtet, Demokratie, gute Regierungsführung, Transparenz, Verantwortlichkeit und den Schutz der Menschenrechte aufrechtzuerhalten. Tatsächlich werde in Tansania jedoch die freie Rede und der öffentliche Zugang zu Information eigeschränkt, dies gelte auch nach den Änderungen am Epoca von 2022 und 2025. Außerdem seien die Strafen bei Verstoß – 2.048 $ oder 12 Monate Gefängnis – überproportional hart.

EastAfrican, 22.11.2025

Klage vor dem ICC

Eine internationale Koalition aus Juristen und Menschenrechtsgruppen hat am 13. November den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag mit einer 82 Seiten umfassenden Dokumentation der Vorfälle rund um die umstrittene Wahl gebeten, die mit ihr in Zusammenhang stehenden politischen Unruhen und Menschenrechtsverletzungen und Präsidentin Hassans sowie ihrer Regierung Rolle darin zu untersuchen, auch die verifizierten Massentötungen und die heimliche Beseitigung von mehr als 500 Leichen.

Seit das Internet am 3, ´November wieder freigeschaltet wurde, zirkulieren grauenvolle Videos von toten Tansaniern in den sozialen Medien. Die Nation, die seit sechs Jahrzehnten ihr Image von Ruhe und Ordnung pflegt, wirkt von den Bildern der Gewalt traumatisiert.

YouTube, BBC, 25.11.2025

Verfassungsklage gegen Ausganssperre

Die Tanganyika Law Society (TLS) hat am 25. November beim Hohen Gericht von Tansania wegen der am Wahltag um 5 Uhr morgens verhängten und ab 24 Uhr für fünf Tage fortdauernden nächtlichen Ausgangssperre Verfassungsklage gegen den Generalinspektor der Polizei erhoben. Beklagte sind außerdem der Generalstaatsanwalt sowie der Bevollmächtigte für Menschenrechte und gute Regierungsführung, der während der „dunklen Tage“ seine Pflicht vernachlässigt habe. Die TLS strebt an, eine siebenköpfige Kommission zur Untersuchung der Vorfälle im Zusammenhang mit der Ausgangssperre einzurichten und schlägt als Teilnehmer den pensionierten Obersten Richter Mohamed Chande Othman, Mitglieder der Afrikanischen Kommission für Menschenrechte, der TLS, der Ärztekammer Tansanias, der UN-Menschenrechtskommission und des Commonwealth vor. Der Bericht solle die Anzahl und Namen der Verhafteten, Verletzten, Getöteten, der Getöteten durch Schusswaffen wie auch die Umstände der Massenverhaftungen enthalten. Der Polizei-Generalinspektor habe ohne präsidentielle oder gerichtliche Anordnung gehandelt und es habe keine Ausnahmeregelung etwa für Gesundheitsdienste gegeben.

Citizen, 27.11.2025

Untersuchungskommission vor dem Hohen Gericht

Drei Privatpersonen haben vor dem Hohen Gericht eine Überprüfung der Legalität und Zusammensetzung von Präsidentin Hassans Untersuchungskommission zu den Vorfällen rund um die Wahl im Eilverfahren beantragt. Im Wesentlichen bezweifeln die Antragsteller Rosemary Mwakitwange (eine in Tansania sehr angesehene Geschäftsfrau), Edward Heche und Deogratius Mahinyila (beide im Führungskader der Chadema) die Unvoreingenommenheit der Kommission – eines ihrer Mitglieder, Dr. Stergomena Tax, war zum Zeitpunkt der Unruhen Verteidigungsministerin – und halten das Ergebnis für vorherbestimmt.

TheChanzo, 28.11.2025