Zum Leben Drogenabhängiger - 11/2010: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Tansania Information
Zur Navigation springen Zur Suche springen
imported>Sysop
K (1 Version importiert)
 
(kein Unterschied)

Aktuelle Version vom 6. Januar 2019, 20:23 Uhr

Bericht eines ehemaligen Abhängigen

Ein 40-jähriger Sansibarer, der über Karachi nach Europa kam, wurde in Italien verhaftet und nach Sansibar abgeschoben. "Dort nahm ich weiter Drogen", berichtete er. "Ich wollte kein Dieb werden, aber ich wurde einer, um Drogen kaufen zu können. Das war peinlich für meine Familie. Mein Vater versuchte mir zu helfen, bis er starb. Auch meine Mutter verstieß mich nicht. Sie holte mich immer heraus, wenn ich wegen Diebstahls verhaftet wurde. Als sie infolge hohen Blutdrucks starb, fühlte ich mich schuldig. (...) Im Gefängnis konsumierte ich weiterhin Drogen. Nach Jahren wurde ich entlassen. Da hatte ich den größten Teil meines Lebens vergeudet. Endlich hatte ich den Mut, zu meinem Bruder zu gehen und ihn zu bitten, die Gebühr für das Rehabilitationszentrum zu bezahlen. Drei Monate kosten 300.000/- TSh. (...) Länger als 20 Jahre habe ich gegen die Drogenabhängigkeit gekämpft. (:..) Im Rehabilitationszentrum habe ich gelernt, geduldig zu sein, zu akzeptieren, dass ich krank bin, und dass es ein schlimmer Fehler ist, der Versuchung nachzugeben. (:..) Ich weiß nicht, wohin ich nach der Rehabilitation gehe. Mein Onkel, der mir z. Zt. hilft, will nicht, dass ich bei ihm wohne, falls ich Probleme mache. Meine Geschwister vertrauen mir nicht. Ich hoffe, dass ich eines Tages wieder mit ihnen zusammen bin. (IRIN 9.4.10)

Rehabilitationszentrum

Am Rand der Stone Town leben in kleineren, von außen ganz normal aussehenden Häusern 24 junge Männer aus ganz Sansibar, die ihre Drogenabhängigkeit loskriegen wollen. Einer berichtete: "Wenn du keine Drogen mehr verwendest, bekommst du solche Angst, dass du denkst, du stirbst. Aber hier unterstützen dich andere. Du fragst dich, warum können die anderen aufhören, nur du nicht? (...) Rückfall ist eine Entscheidung, kein Missgeschick."

Der Gründer der Einrichtung, ehemals selbst drogenabhängig, sagt: "Wir haben hier keine Berater, keine Ärzte oder Polizisten. Änderung hängt vom freien Willen des Einzelnen ab. Einige von uns waren Diebe und Bettler, wir kommen nicht aus Büros oder Moscheen." Deshalb sei es nicht leicht, den Leuten zu sagen, sie müssten Regeln beachten. Das Wichtigste sei Meditation.

Die Häuser werden von ehemaligen Drogenabhängigen geleitet. Sie wissen, wie man sich bei der Entziehung fühlt. Die meisten Drogenabhängigen sind zwischen 14 und 35 Jahren.

Das Sechsmonatsprogramm kostet monatlich 100.000/- TSh. Die Miete trägt das Detroit Recovery Project, Spender übernehmen die anderen Kosten. (IRIN 9.4.10)

Therapieprogramm

Die Regierung startete in Dar-es-Salaam ein mit Medikamenten unterstütztes Therapieprogramm (MAT), das erste derartige in Afrika südlich der Sahara. Ein weiteres MAT-Zentrum soll in Sansibar entstehen. (DN 18.5.10; Guardian 20.5.10)

Drogenabhängige auf einem Friedhof

Einige Drogehabhängige leben auf dem Friedhof Sinza A. Niemand stört sie dort. Früher beklagten die Einwohner der Umgebung, die Leute seien chaotisch, eine Gefahr für die Menschen und ihren Besitz.

Ein 42-jähriger Drogenabhängiger erzählt, 1987 habe er mit den Drogen begonnen. Die Beziehung zu seinen Verwandten sei ruiniert. "Wenn ich sie besuche jagen sie mich weg. Ich denke, das hat seinen Grund. Ich bin einsam und ohne Hoffnung", sagt er.

Die Drogenabhängigen, die sich auf dem Friedhof aufhalten, graben Gräber für Menschen in Not. Für ein Grab erhalten sie 120.000/- bis 150.000/- TSh. "Wir haben uns organisiert", berichtet einer. Sie verdienten ganz gut, aber leider müssten sie den größten Teil für Drogen ausgeben. "Wir tun diese Arbeit ohne Angst, denn man erlaubte uns, sie zu verrichten", sagt er. Der zuständige Beamte bestreitet das und wundert sich, dass die Drogenabhängigen diese Arbeit tun. "Wir haben sie bei der Polizei angezeigt. Manchmal werden sie für eine gewisse Zeit inhaftiert. Dann triffst du sie wieder an", sagt er.

Die Drogenabhängigen berichten, es sei ein ewiger Kampf mit der Polizei. "Bisweilen verhaften sie uns. Aber wenn wir ihnen 30.000/- TSh geben, lassen sie uns frei. Deshalb machen wir unsere Arbeit hier weiter." (DN 12.3.10)

Drogenabhängige aus Sansibar berichten

Am Rand der Stone Town lebende Drogenabhängige berichteten Journalisten, Frustration und Verzweiflung seinen schuld daran, dass sie Drogen verwendeten.

Ein 27-Jähriger, der Leute zur Fahrt mit einem bestimmten Bus nötigen soll, berichtete: "Oft wurde ich verhaftet, zusammengeschlagen, verletzt. Warum belästigt die Polizei uns? Wir stellen die Drogen nicht her." Pro Tag benötige er für Drogen 8.000/- bis 10.000/- TSh.

"Alle hassen uns. Die Polizei misshandelt uns - offensichtlich weil wir kein Geld haben, sie zu bestechen", sagte ein anderer. Nie würden die Drogenbarone verhaftet, obwohl sie bekannt seien. Aber sie hätten viel Geld.

Ein 21-Jähriger sagte, die Drogen waren nicht sein Hobby, bis er merkte, dass er keine Zukunft habe, nachdem er die Prüfung nach Form II (Klasse 9) nicht bestanden hatte. "Ich muss fünfmal am Tag copter rauchen. Aus Essen mache ich mir nichts."

Die Journalisten fanden heraus, dass es leicht ist, copter, eine Mixtur aus Heroin, Kokain und Haschisch, zu bekommen, genau wie man bei Straßenhändlern Tomaten kauft.

Ein Verantwortungsträger der Polizei betonte, das Drogenproblem sei in Sansibar nicht alarmierend. Ein Mitarbeiter des Mufti in Sansibar sagte, der Muslim/Christian Council veranstalte vor Ende des Jahres ein Seminar zum Drogenkonsum. (DN 30.10.10)