Zu einem Wunderheiler im Gebiet der Distrikthauptstadt Loliondo - 04/2011

Aus Tansania Information
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Ambilikile Mwasapile (76), ein aus Mbeya stammender, im Dorf Samunge (Ngorongoro-Distrikt, Arusha-Region) lebender emeritierter Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELCT) sagt, er könne Krankheiten heilen, die nicht auf moderne Behandlung ansprachen, Diabetes, Bluthochdruck, Krebs, HIV/ AIDS, Asthma, Magengeschwüre, TB u. a.

In diesem dünn besiedelten Gebiet, ca. 400 km nordwestlich von Arusha leben Angehörige des Sonjo-Volkes.

Mwasapile berichtete, Gott habe ihm 1991 das Medikament in einem Traum gezeigt. Aber erst 2009 habe er auf die Offenbarung reagiert. "Acht Jahre kämpfte ich mit Gott. 2009 habe ich geträumt, dass Gott mir Tausende, die mit HIV/AIDS leben, brachte und mich anwies, ihnen die Kräutermedizin zu geben. Er sagte mir, aus der ganzen Welt würden Menschen kommen. Diesmal beschloss ich, Gottes Stimme zu gehorchen", erklärte er. Wöchentlich empfange er Botschaften von Gott. Bei der Behandlung verbinde er die Wirkkraft des Tranks mit göttlicher Macht. Er sei kein traditioneller Heiler, Gott selbst habe die Kräfte in diesen Baum gegeben und ihn davor gewarnt, das Medikament zu verkaufen, es zu einer gewinnabwerfenden Ware zu machen. Der Patient solle fest an den Heilungsprozess glauben; das sei die Vorbedingung für die Wirkung des Medikaments.

Seit Ende Februar verbreitete sich die Nachricht von den Wunderheilungen wie ein Buschfeuer. Patienten kommen von nah und fern, auch aus den Nachbarländern, aus Südafrika. Sehr beschwerlich und nur mit Geländewagen möglich ist die Reise auf der von Arusha nach Loliondo führenden Erdstraße und der von der Mara-Region kommenden. Es ist genau die umstrittene, teilweise durch den Serengeti National Park führende, Straße. Häufig landen Hubschrauber auf der Loliondo-Landebahn. Andere Patienten kommen bis zum Arusha-Flugplatz per Charterflugzeug.

Der Abgeordnete von Moshi-Stadt stellt Leuten, die rasch Hilfe brauchen, seinen Hubschrauber für 4m/- TSh pro Flug zur Verfügung. Patienten seines Wahlkreises bietet er kostenlosen Transport an, denn viele könnten sich die überhöhten Preise der Busse oder Privatwagen nicht leisten. Für die erste Fahrt meldeten sich vor allem Frauen mit HIV/AIDS, dann Diabetiker, Krebskranke und Leute, die einen Schlaganfall erlitten.

Auch der Abgeordnete von Sumbawanga bietet den Leuten seines Wahlkreises kostenlosen Transport an.

Kleinbusbesitzer aus Dodoma bieten Fahrten nach Samunge an, sobald ihr Wagen voll besetzt ist. Die Rückfahrkarte kostet 120.000/- TSh.

Seit einiger Zeit übernehmen Lastwagen und Lieferwagen die Fahrten, weil keine Geländewagen mehr zur Verfügung stehen, denn viele stecken in Samunge im Stau. Die zum Dorf führenden Straßen sind auf etwa 20 km von Geländewagen verstopft. Seit der Regen einsetzte bleiben viele Autos stecken, viele haben eine Panne. Zwölf Personen starben auf der Fahrt nach Samunge oder zurück bei Verkehrsunfällen infolge überhöhter Geschwindigkeit. Viele wurden verletzt.

Ca. 3 km lang sind die Warteschlangen. Manche Patienten warten drei Tage lang auf die Behandlung. Etwa zehn starben beim Warten. Wahrscheinlich hatte man sie in kritischem Zustand direkt vom Krankenhaus gebracht.

Die Polizei musste die Leute zwingen, sich hintereinander aufzustellen. Nach einigen Tagen wurden zum Schutz weitere Polizisten abgeordnet.

Einige Würdenträger reihten sich in der Warteschlange mit Hilfe der Polizei weiter vorne ein. Mwasapile erklärte ihnen: "Für Leute, die sich vordrängen, ist das Medikament wirkungslos. Dieses ist ein göttliches Heilverfahren und Gott erkennt Titel und Stellung nicht an."

Die Patienten erhalten eine Tasse gefüllt mit einem Trank für den die Wurzeln des Mugariga-Busches in Wasser gekocht werden. Sie zahlen lediglich 500/- TSh. Viele berichten, sie würden ganz oder teilweise geheilt, es gehe ihnen danach besser. Das Medikament kann nur einmal im Leben eingenommen werden.

Mwasapile stellt kaum Fragen. Er begleitet die Behandlung mit Gebet. Sie sei nur an Ort und Stelle möglich, er selbst müsse den Trank geben, sagte er. Später war er bereit, Helfer einzustellen.

Mwasapile erklärte, Gesunde, die das Kräutermedikament begehrten, begingen eine Sünde. Es sei ein Heil- kein Vorbeugemittel. Manche, vor allem Männer zwischen 30 und 50 Jahren, wollten den Trank, weil sie glaubten, er mache sie immun gegen HIV/AIDS.

Zu Menschen, die mit HIV/ AIDS leben und Antiretrovirale Medikamente (ARVs) nehmen, sagte Mwasapile, sie sollten diese absetzen, sobald sie die 'Tasse des Lebens' trinken. "ARVs sind gegen Gottes Willen. Er ist nicht glücklich über Leute, die in der Ehe untreu sind, wird die nicht segnen, die HIV/AIDS bekommen und dieses Übel rasch mit ARVs behandeln." Patienten, die das 'Wundermittel' nahmen, sollten auf Alkohol verzichten, wenigstens 24 Stunden lang.

Regierungsleute fürchten, Patienten, die mit HIV/AIDS leben, würden falsche Hoffnungen gemacht; sie hörten auf, ARVS zu nehmen und stürben früher. Ein Arzt riet, die ARVs weiterhin einzunehmen, bis die Wirksamkeit des neuen Medikaments bestätigt sei. Ähnlich äußerte sich ein Verantwortungsträger einer NGO, die den Kampf gegen HIV/AIDS unterstützt.

Das Leben in diesem verschlafenen Ort wurde sehr teuer, eine Tortur für die Pilger, incl. Schwerkranke und Kinder, wenn sie bis zu fünf Tagen dort verbringen müssen. Es fehlt an Trinkwasser. Berge von Müll sammeln sich an. Maasai verkaufen eine Ziege für 150.000/- statt normalerweise 40.000/- TSh.

Mwasapile sagte, dringend benötige er ein Transportmittel, damit seine Helfer Feuerholz und Wasser für den Trank holen können. Pro Tag werden mindestens 600 l benötigt. Die Wurzeln des Mugariga-Busches werden aus drei Dörfern geholt. Normalerweise verwendet man Schubkarren und Esel.

Mwasapile sagte, er plane ein großes Gebetshaus und ein Haus für die Kranken.

Seine Mitarbeiter erwarten, dass dafür die 500/- TSh, die Patienten für die Behandlung zahlen, verwendet werden. Der Heiler behält nicht einen Cent für sich. Nur drei Personen dürfen das Geld einsammeln. Ein Geheilter bot Mwasapile zum Dank 1m/- TSh an. Dieser riet ihm, das Geld einer Kirche seiner Wahl oder für Wohltätigkeits-Zwecke zu spenden.

Der Gesundheitsminister befahl, die Behandlung unverzüglich einzustellen, denn die vielen Patienten könnten dort hinsichtlich Hygiene nicht zufriedenstellend versorgt werden. Es fehle an Unterkünften, Wasser, Toiletten. Rasch könnten sich ansteckende Krankheiten ausbreiten. Auch entspreche Mwasapiles Behandlung den offiziellen Vorschriften, an die sich alle Heiler halten müssen, nicht. Medikamente müssten offiziell zugelassen sein. Man lasse den Trank untersuchen, sagte er. Die Menschen sollten heimgehen und auf Informationen in Bezug auf die Unbedenklichkeit des Medikaments und hygienische Gegebenheiten warten.

Die Regierungsanweisung wurde aber kaum beachtet.

Thomas Laiser, Bischof der ELCT-Nordzentral-Diözese, riet der Regierung, das Austeilen des Medikaments nicht zu stoppen. Das könne zu einem Chaos führen. Baufachleuten würden bei Mwasapiles Haus zwei Warteräume für 600 bis 700 Menschen so wie Toiletten und Müllplätze errichten. Bezüglich der Prüfung des Medikaments sagte Laiser: "Was heilt ist nicht das Medikament, sondern Glaube und Gebet."

Zwei Tage später rückte die Regierung vom Behandlungs-Verbot ab. Ein Staatsminister sagte, man habe einige Krankenschwestern geschickt. Er riet, keine Schwerkranken aus dem Krankenhaus zu holen. Die Regierung habe Polizisten geschickt, ein Kommittee beauftragt, für Sicherheit zu sorgen.

Die Tanzania Commission for AIDS (Tacaids), die Tanzania Red Cross Society, unterschiedliche Interessenvertreter und die Regierung schickten Experten.

Alle privaten PKWs, die in das Gebiet fahren, müssen eine Steuer in Höhe von 2.000/- TSh, Busse und Lastwagen von 5.000/- bis 10.000 zahlen. Damit soll die Umgebung des Behandlunngsortes gesäubert werden. Sie ist übersät mit Müll, Plastikflaschen und Exkrementen.

Eine Abgeordnete bezeugte die Wirksamkeit des 'Wundermittels', nannte die Heilungen eine "goldene Chance, die nicht noch einmal kommt". Ein Verwandter, der Krebs und AIDS hatte, sei geheilt worden. Das Beste an dieser Behandlung sei, dass es keine Diskriminierung gebe; Muslime, Christen u. a. lagerten sich beim Warten miteinander. Die ganze Nacht singen die Wartenden Lieder zum Lob des göttlichen Wunders.

Zum Schutz Mwasapiles wurde den Journalisten untersagt, diesen zu treffen, zu interviewen oder zu fotografieren. Es bestehe die Gefahr heimlicher Angriffe gegen ihn und geplanter Sabotage übelmeinender Menschen, heißt es. Wer ihn sehen oder fotografieren will, müsse im Amt des Regional Commissioner um eine Genehmigung nachsuchen.

Banden Unbekannter rissen Mugariga-Büsche aus und brachten sie mit ihren Lastern weg, weil sie selbst den Wundertrank herstellen wollen. Viele fürchten, der Mugariga werde ausgerottet. Doch Mwasapile sagte, der Vorrat sei groß, er werde in der nächsten Zeit nicht zu Ende gehen.

Die 'wunderbare Heilung' spaltet die Christen in Arusha. Manche behaupten, diese Behandlung sei ein Verstoß gegen den christlichen Glauben. Ein Bischof der Evangelical Assemblies of God in Tanzania (EAGT) warnte die Gläubigen und erklärte: wenn die Heilung von Gott kommt, kann nichts den Allmächtigen daran hindern, zu heilen, wo immer die Menschen sind, sie müssten nicht 500 km reisen. Doch ein Gemeindeglied sagte: "Ich will geheilt werden, auch wenn ich dann aus der Kirche geworfen werde."

Der Bischof der Full Gospel Bible Fellowship (FGBF) warnte die Gläubigen davor, das neue Mittel zu nehmen. Durch Gebet habe die FGBF selbst Macht, zu heilen, sagte er. Mwasapile täusche die Menschen. Auch die Seventh Day Adventists halten nichts von dem Wundermittel.

Die ELCT erkennt das Medikament an. Drei ihrer Bischöfe und eine der Ehefrauen nahmen den Trank und wurden gesund. Einer hatte lange Bluthochdruck und Diabetes, die Ehefrau Diabetes. Dort gehe es um Gebet und Glauben, sagte einer. Bei der Zuteilung des Medikaments gebe es keinerlei Anzeichen von Aberglaube oder Täuschung. Bischof Laiser sagte bei einer Pressekonferenz, das Medikament sei ein Retter.

Der Vorsitzende der Christian Denominations in Arusha, zu der mehr als 20 Kirchen gehören, sagte, es sei höchste Zeit, sich zusammenzusetzen und die Sache zu besprechen, denn Mwasapile habe erklärt, Gott habe ihm das Medikament durch einen Traum gezeigt.

Eine Frau sagte, Kirchen, die ihre Mitglieder daran hindern, sich behandeln zu lassen, fürchteten, ihre Herde zu verlieren. Einer meinte, sie seien neidisch.

(DN 7./10./11./12./14./15./16./18./ 20./21./22.3.11; Guardian 8./10./11./ 12./13./18./20.3.11, Citizen 6./7./ 8./9./11./13./14./18./22.3.11; Nipa-she 9.3.11; Arusha Times 12./ 19.3.11)