Thema: Landwirtschaft (I): Rückschläge und Defizite - 04/2018

Aus Tansania Information
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Niedrige Produktivität, Überproduktion

Die Landwirtschaftskommissarin der Afrikanischen Union zeigte sich besorgt darüber, dass Afrika die am schnellsten wachsende Bevölkerung und zugleich die niedrigste landwirtschaftliche Produktivität habe. Bereits jetzt importiere der Kontinent jährlich Nahrungsmittel für $ 35 Mrd., 2025 könnte sich ein Defizit von $ 110 Mrd. auftun. Die meisten Staaten, darunter Tansania, erfüllten nicht die „Malabo-Verpflichtung“, 10% der Staatsausgaben der Landwirtschaft zu widmen.

Als Ursachen für die relativ niedrigen Erträge der meisten Landwirte nannte ein Sprecher der Landwirtschaftlichen Entwicklungsbank TADB:

  • Veraltete Anbaumethoden
  • Wenig Infrastruktur wie Bewässerungsanlagen
  • Kapitalmangel: Kredite teuer und schwer zu bekommen
  • Fehlende technische Ausrüstung
  • Problematische Elektrizitätsversorgung
  • Verkaufsernten sind schwierig zu vermarkten
  • Transporte schwierig und teuer
  • Günstige Lagermöglichkeiten fehlen

Das Netzwerk der Farmer-Gruppen (MVIWATA, s.o. NGOs) nennt als weitere Probleme:

  • Die Regierung beschränke sich auf Lippenbekenntnisse und tue zu wenig für die Landwirtschaft
  • Die 8.760 Landwirtschaftsberater seien weitgehend inaktiv und bewirkten wenig
  • Anhaltende Konflikte zwischen Bauern und Hirten

Daher seien zwar knapp 70% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, sie erbrächten aber nur 25% des Bruttoinlandsprodukts (Industrie 23%, Dienstleistungen 49%).

Der Wetterdienst wies darauf hin, dass die dürftigen Ernten in der Dodoma-Region durch den Anbau ungeeigneter Produkte verursacht würden. Die normale Regenmenge reiche für Mais einfach nicht aus, wogegen Sorghum, Hirse, Hülsenfrüchte, Cassava und Zwiebeln durchaus gediehen.

Die Preise für landwirtschaftliche Produkte schwanken stark, teils wegen der klimatischen Bedingungen, teils wegen häufig wechselnder Im- und Exportverbote für Lebensmittel wie Mais, Speiseöl, Zucker und Reis.

Der Verband studierter Landwirte führt die starken regionalen und saisonalen Preisschwankungen bei Mais und Reis darauf zurück, dass es nicht genügend verlässlichen Lagerraum gibt. Dies nützten Spekulanten aus. Der Verband empfahl den Bauern, ihr Getreide selbst in modernen Behältern unter Sauerstoff-Abschluss zu lagern.

Die Intensivierung der Landwirtschaft im SAGCOT-Gürtel im südlichen Hochland führte zum Preisverfall bei Kartoffeln und Tomaten; die Erzeuger fanden zu wenige Abnehmer und konnten ihre Kredite nicht bedienen. Private Aufkäufer konnten daher Kartoffeln nach Menge statt nach Gewicht abnehmen und damit den Preis um etwa 30% drücken.

Anhaltende Landkonflikte zwischen Bauern und Rinderhirten führten in den Distrikten Chalinze, Kilosa, Kiteto und Mvomero zu schweren Verletzungen und Vermögensschäden. Die Regierung will den Viehhaltern Gebiete in Wildreservaten zuweisen, um die Konflikte zu entschärfen. Dies setze allerdings, so der Landwirtschaftsminister, kleinere und ergiebigere Herden voraus. Die Viehhalter müssten sich an die vorgegebenen Zahlen halten. Die Morogoro-Region weise z.B. eine Kapazität von 185.000 Rindern aus, tatsächlich hielten sich dort 1,2 Mill. Stück Vieh auf. Dies sei untragbar.

Citizen 18.12.16; 03.05.; 25.10.17; DN 29.12.16; 13.01.; 08. 06.17; Guardian 11.12.16; 06.06.; 07.06.; 16.07.; 12.11.17

Institutionen schwächeln

Das Institut für Kaffee-Forschung (TaCRI) mit 62 Mitarbeitenden und fünf Forschungsstationen sieht seine Existenz gefährdet. Die EU hatte das TaCRI 17 Jahre lang mit jährlich TZS 2 Mrd. unterstützt und übergibt die Finanzierung an die tansanische Regierung, die aber kein Finanzierungskonzept hat, nachdem sie auch noch die bisherige Forschungsabgabe von 0,7% halbiert hat. Das TaCRI gibt jährlich etwa 20 Mill. Kaffee-Setzlinge kostenlos ab.

Spar- und Kreditkassen („SACCOS“) in der Iringa-Region gerieten in Schwierigkeiten, weil viele Bauern keine Käufer für ihre (leicht verderblichen) Tomaten fanden. Die massive Produktionsausweitung sei nur sinnvoll, wenn die Ernten in der Region selbst verarbeitet, bzw. konserviert werden könnten.

Der Verband der Gartenbau-Betriebe beklagte, dass die Erzeuger Früchte, Gemüse und Blumen über kenianische See- und Flughäfen exportieren müssten, weil die tansanischen Häfen zu langsam und umständlich arbeiteten. Dies treibe die Kosten und behindere die Expansion des Sektors. Die tansanischen Gemüse-Anbauer setzen $ 640 Mill. pro Jahr um und könnten bei günstigeren Bedingungen mehr Devisen als der Tourismus erwirtschaften.

Die sansibarischen Nelken-Anbauer forderten, die schwerfällige staatliche Vermarktungsorganisation ZSTC aufzulösen und einen freien Markt zuzulassen. Dies werde Kosten senken und den Anbau stimulieren.

Das „Forum nichtstaatlicher Akteure in der Landwirtschaft“ (www.ansaf.or.tz) tadelte, dass Tansania viele Produkte einführe, die es selbst erzeugen könnte, z.B. Milch ($ 20 Mill./Jahr), Zucker ($ 250 Mill.), Speiseöl ($ 358 Mill.). Wenn die Wirtschaftspolitik vorhersehbarer wäre, würden viele Betriebe entstehen, die landwirtschaftliche Produkte wie Cashew im Land verarbeiten könnten.

Citizen 02.02.; .01.07.17; Guardian 28.01.; 11.10.; 23.12.17

Korruption, Betrug

Premier K. Majaliwa räumte ein, dass praktisch alle Kooperativen für Verkaufsernten wie Baumwolle, Cashew, Kaffee, Tee oder Tabak ernsthafte Schwierigkeiten haben. Viele stünden vor dem Bankrott und hätten ihren Mitgliedern beträchtliche Verluste zugefügt. Die Kooperativen seien wegen unfähiger und unehrlicher Führungskräfte dem freien Wettbewerb nicht gewachsen.

Majaliwa befahl auch, die Waagen der Cashew-Behörde zu justieren. Sie hatten bis zu 20% zu wenig angezeigt, wodurch Erzeuger um 2.000 t Cashew-Nüsse betrogen wurden.

Das von der FAO favorisierte Lagerhaus-Quittungs-System soll Ernteverluste durch Schädlinge und Notverkäufe vermeiden. Die Bauern können mit Überbrückungskrediten warten, bis sie gute Preise erzielen. Allerdings stehen 46 aufwendig renovierte Lagerhäuser leer, weil die Produzenten kein Vertrauen in die Verwaltung haben. Immer wieder haben ungetreue Verwalter eingelagerte Produkte hinterrücks verkauft, so dass die ausgestellten Quittungen wertlos wurden. Daher ziehen es viele Bauern vor, ihre Ernten weiterhin zu schlechten Preisen an Zwischenhändler zu verkaufen.

Landwirte beschwerten sich wiederholt über gefälschten Kunstdünger und unwirksame Pestizide, die hohe Verluste verursachten. Fachleute betrachten aber als Hauptursache der Probleme die unsachgemäße Anwendung von Chemikalien. Das Pestizid-Forschungsinstitut TPRI forderte die Anwender auf, nur Chemikalien zu nutzen, die eine verständliche Anleitung auf Kiswahili mitliefern.

Citizen 27.10.16; 25.,29.01.; 07.02.18; DN 15.07.17; Guardian 05.12.16

Umweltschäden

Die Regionschefs im Südlichen Landwirtschaftskorridor (SAGCOT) wiesen darauf hin, dass klimatische Unregelmäßigkeiten von Menschen mitverursacht würden. Immer mehr gefällte Bäume und überweidete Flächen führten zu erratischen Niederschlägen und Erosion der Böden.

Citizen 09.06.17