Thema: Demokratie-Diskussion: Oppositionsparteien in Bedrängnis - 09/2017

Aus Tansania Information
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Überblick

Das zivilgesellschaftliche „Policy Forum“ bedauert in seinem Bericht zur Regierungsführung 2016/ 17 „Von Kikwete zu Magufuli – Bruch mit der Vergangenheit oder weiter Dasselbe?“ die Weise, wie die Magufuli-Regierung die bürgerlichen Freiheiten einschränkt. Zugang zu Informationen sowie Rede- und Versammlungsfreiheit würden systematisch behindert. Besonders gravierend sei, dass in den Parlamentsausschüssen zur Finanzkontrolle die Vorsitzenden nicht mehr von der Opposition, sondern von der Regierungspartei CCM gestellt werden, was eine effiziente parlamentarische Finanzkontrolle praktisch ausschließe.

Der frühere Generalkontrolleur (CAG) L. Utouh erinnerte daran, dass konservative Kräfte in der CCM schon gegen Ende der Kikwete-Administration (2005-15) dessen „Offene-Regierungs-Initiative“ torpediert und die kritische Rolle der NROs und der Presse wie auch der CAG-Kontrollbehörde nach Kräften geschwächt hätten. Magufuli führe diese Versuche, Kritiker auszuschalten, weiter. Die korrupten Netzwerke in Verwaltung und Regierung könnten jedoch nur durch unbehinderte demokratische Kontrolle auf allen Ebenen aufgebrochen werden. Die CCM-Regierung ihrerseits versteht Kritik und Aufzeigen von Fehlern (wie z.B. das in Kanada gepfändete Flugzeug) als Sabotage ihrer Entwicklungsbemühungen.

Citizen 02.08.17; Guardian 29.07.17; www.policyforum-tz.org

Opposition behindert

Die Regierung setzt weiterhin das Versammlungsverbot für Parteien konsequent durch. Auch Abgeordnete (der Oppositionsparteien) dürfen nur im eigenen Wahlkreis Versammlungen abhalten. Der Chadema-Abgeordnete von Mbozi wurde wegen illegaler Versammlung festgenommen. Ebenso die Abgeordnete E. Bulaya, die drei Tage festgehalten und dann ins Bugando-Krankenhaus, Mwanza gebracht wurde. Die Chadema-Abgeordnete K. Majala wurde wegen verfrühten Wahlkampfs und Beleidigung der Regierung verhaftet. Die Abgeordnete H. Mdee wurde gesetzwidrig sechs Tage ohne Anklage festgehalten. Der Chadema-Generalsekretär wurde während einer internen Sitzung in Mbamba Bay verhaftet. In Chato, Magufulis Heimatort, wurden 51 Chademamitglieder angeklagt. Insgesamt laufen Prozesse wegen Volksverhetzung und illegaler Versammlung gegen mehr als 400 Chadema-Mitglieder.

Chadema-Chefjurist T. Lissu wurde im August mehrfach verhaftet und jeweils gegen Kaution wieder freigelassen. Eine Woche lang saß er in Untersuchungshaft, weil er Magufuli als verächtlichen Diktator bezeichnet und ihn beschuldigt hatte, Andersdenkende zu diskriminieren und sich mit Jasagern aus seinem Freundeskreis und seiner Region zu umgeben. Überall herrsche ein Klima der Angst. Die willkürlichen Verhaftungen bedrohten den politischen Pluralismus im Land. Laut Polizei sät Lissu damit Hass und verhetzt das Volk. Er konnte wegen seiner Verhaftung nicht an einer internationalen Juristentagung teilnehmen. Im Zusammenhang mit dem kanadischen Flugzeug-Fiasko [s.o. S. 6] nahm die Polizei Lissu erneut wegen „Aufpeitschung“ fest.

Die Schikanen betreffen hauptsächlich Chadema-Politiker/innen. Demgegenüber hat Magufuli zwei führende Mitglieder der ACT-Wazalendo auf wichtige Regierungsposten berufen.

Mehrere Chadema-Abgeordnete wurden für ein Jahr von den Parlamentssitzungen ausgeschlossen. Die Chadema beklagt, das Parlament habe seine Kontrollfunktion aufgegeben und führe Anordnungen der Regierung aus.

Die Koalition der Menschenrechtsverteidiger protestierte gegen ein polizeiliches Verbot der von ihr geplanten Demonstrationen gegen die Mordserie in der Küstenregion [TI Juli/August 17, S. 4].

Citizen 09.,11.,16.,26.,28.07.; 06.,21.,23.08.17; DN 25.07.17; East African 13.08.17; Guardian 18.07.; 04.08.17; Nipashe 16.07.17

Restriktive Gesetze

Neben dem berechtigten Kampf gegen Betrug und Verleumdung im Internet wird das Cybercrime-Gesetz häufig dazu benutzt, unwillkommene Kritik zu unterbinden, vor allem durch den neuen Straftatbestand „Beleidigung der Regierung bzw. des Präsidenten“ (bis zu drei Jahre Gefängnis und / oder € 3.000 Geldstrafe). Innerhalb eines Jahres wurden 42 Personen wegen ihrer Kommentare in Sozialen Netzwerken verhört, festgenommen und zum Teil zu deftigen Strafen verurteilt. Ein Blogger in Arusha wurde zu € 3.000 Strafe verurteilt, weil er sich dagegen aussprach, JPM mit Nyerere zu vergleichen. Der Betreiber der populären whistle-blower-Seite „Jamii Forums“ wurde verhaftet, weil er sich weigerte, der Polizei Benutzerdaten zu übergeben und diese auf einem nicht-tansanischen Server gespeichert hatte. Nach diesem „Halt‘s-Maul-Gesetz“ kann die Polizei jeden Computer inspizieren und schon der Besitz kompromittierender Inhalte ist strafbar. Guardian 18.07.17