Schwerpunkt: Darlehenskassen und Kooperativen: Spar- und Darlehenskassen - 06/2015

Aus Tansania Information
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Stürmische Entwicklung

Spar- und Kreditgenossenschaften (SACCOS - Savings and Credits Cooperative Societies) haben sich überall in Tansania etabliert. Zur Zeit gibt es 5.559 solche Kreditgenossenschaften mit einer Kreditsumme von ca TZS 900 Mrd. (März 2015). Drei Jahre zuvor waren es erst TZS 426 Mrd. Die Regierung hat bisher 414 Mikrofinanz-Institutionen mit insgesamt TZS 65 Mrd. gefördert. 65% davon arbeiten in ländlichen Gebieten. 100.949 Kleinunternehmen erhielten einen Kredit, davon 57% von Frauen geführte. Die meisten Mikrofinanz-Institutionen (MFI) beschränken sich darauf, Kredite aus Geber-Fonds auszureichen und Guthaben eigener Mitglieder zu verwalten.

Nur zwei MFI führen auch Guthaben-Konten des allgemeinen Publikums. Dazu gehört FINCA (Foundation for International Community Assistance – www.finca.org), die eine volle Banklizenz hat und daher Guthaben beliebiger Personen verwalten kann. Sie gibt Kleinkredite vor allem an Landwirte, Frauen, Kleinunternehmen und Gemeindebanken (vicoba). Auch Betreiber von Privatschulen und Schüler-Eltern können einen Kredit erhalten. Derzeit sind Kredite von insgesamt TZS 10 Mrd. vergeben. Die durchschnittliche Kreditsumme beträgt $ 541. Festgeld-Guthaben in TZS verzinste die Bank im Dez. 2014 mit 14%.

Mit Vision Fund Tanzania betreibt World Vision ein weiteres Mikrofinanz-Institut mit voller Banklizenz, unterstützt von Spendern aus den Niederlanden, Großbritannien, Kanada und Schweden. Die Bank hat derzeit 36.000 Kunden, eine Kreditsumme von TZS 13 Mrd. und ein Vermögen von TZS 23 Mrd.

Die Mikrofinanz-Einrichtungen gelten als Hoffnungsträger vor allem für „Nicht-Bankfähige“ ohne Erfahrung im Finanzwesen, mit kleinen Umsätzen und ohne Sicherheiten. 5,4 Mill. Erwachsene nutzen ausschließlich solche Einrichtungen. Der stellvertretende Finanzminister hob hervor, die etwa 3.000 ländlichen Mikrofinanz-Dienste hätten schon vielen Landwirten gute Dienste geleistet. Sie sollten einen Teil ihrer Einkünfte für Investitionen ansparen. Kredite sollten in erster Linie dazu dienen, weiterverarbeitete Produkte wie Konserven zu erzeugen. Dadurch könnten sie ihre Einkünfte steigern und Verluste begrenzen.

Die Vereinigung der MFI (TAMFI) und Parlamentsmitglieder forderten die Regierung auf, ein umfassendes Regelwerk für die MFI und ihre Kontrolle zu formulieren. Laut Finanzministerium wird an einem einschlägigen Gesetzentwurf gearbeitet. Zur Zeit führe die Stiftung für Wirtschafts- und Sozialforschung eine vorbereitende Studie durch. Eine Studie des „Financial Sector Deepening Trust“ zeigte, dass die Arbeit der ländlichen MFI beeinträchtigt wird durch schwer verständliche (nicht auf Kiswahili formulierte), rigide und teils überholte allgemeine Gesetze zu Kooperativen.

DN 05.03.; 10.06. 09.10.; 14.11.; 16.12.14; 10.02.15; Guardian 10.03.; 09.10.14

Start- und Refinanzierung

Die Refinanzierungskosten der lokalen MFI (bei großen MFI und Banken) werden zur Zeit mit 17 bis 24% p.a. angegeben, dürften sich aber mit der zurückgehenden Inflation ermäßigen. Die CRDB (Cooperative Rural Development Bank, im Besitz des Staates und der DANIDA) ist eine wichtige Refinanzierungs-Institution. Sie unterhält 130 Filialen, 20 mobile Agenturen und arbeitet mit 470 lokalen MFI zusammen. Mit Hilfe eines schnell wachsenden Netzwerks von lokalen Agenten (z.Zt. etwa 1.100) gelang es der CRDB viele Kleinsparer zu gewinnen. 2014 legten diese TZS 255 Bill. an.

Seit 2005 hat sie Kredite an Klein- und mittlere Unternehmen (SME) in Höhe von TZS 300 Mrd. vergeben. Aktuell verwaltet die CRDB in Zusammenarbeit mit SIDO (Small Industries and Development Organisation) und der Japanischen Entwicklungsagentur JICA das neue, vom Staat garantierte SME-Kreditprogramm. Kleinunternehmen erhalten hier subventionierte Kredite zwischen TZS 5 und 50 Mill. Das Programm will besonders weiterverarbeitende Betriebe in der Landwirtschaft fördern.

Die staatseigene Twiga-Bank will ebenfalls genossenschaftliche Dorfbanken (VICOBA) refinanzieren, hat aber ihrerseits mit einer schmalen Kapitalbasis zu kämpfen. Auch SELF-MF (s.u.) refinanziert MFI und gibt Kredite an Klein- und mittlere Unternehmen, unterstützt von der Afrikanischen Entwicklungsbank. Bisher wurden 4.943 Kleinunternehmen finanziert, davon 41% von Frauen und 59% von Männern.

DN 03.11.14; 09.,28.04.; 11.05.15; Guardian 06.06.14

Unternehmer-Training

Die meisten MFI bemühen sich, ihre Kreditkunden zu begleiten und zu beraten. Ein Beispiel dafür ist die YOSEFO (Youth Self Employment Foundation). Mit Unterstützung internationaler Partnerorganisationen hat sie Kredite an 230.000 Kleinunternehmer/innen vergeben, in erster Linie an Frauen und Jugendliche. Dabei garantiert eine Gruppe von fünf Personen jeweils solidarisch die Rückzahlung. Die Fünfergruppen werden wiederum von Gruppen zu Fünfzig Kreditnehmern rückversichert. Alle erwerben Basiskenntnisse in Unternehmensführung und Finanzplanung. Der Sprecher der MFI hält sogar Kredite für Krankheitskosten, Schulgebühren und Ausgaben für Hochzeiten und Beerdigungen für vertretbar, da damit vermieden wird, dass bei finanziellen Engpässen Land oder Vieh verkauft wird.

DN 14.11.14

Schwierigkeiten und Risiken

Besonders im landwirtschaftlichen Bereich haben genossenschaftliche Banken mit erheblichen Risiken zu kämpfen. So verzeichnete die Genossenschaftsbank Kagera nach einem Gewinn von TZS 141 Mill. 2013 einen Verlust von TZS 378 2014. Die faulen Kredite waren in diesem Jahr auf 44% gestiegen. Durchschnittlich sollen bei den 54 Banken des Landes 5% der ausgereichten Gelder uneinbringlich sein.

Die Regierung hat eine Stelle zur Schulung und Fortbildung der SACCOS-Mitarbeitenden eingerichtet: „Small Entrepreneurs Loan Facility – Micro Finance Fund“ (SELF-MF). Bei einem Seminar für SACCOS-Direktoren aus 9 Regionen wurden als Gründe für Verluste genannt:

  • Zu wenige Mitglieder einer Genossenschaft und damit eine zu geringe Kapitalbasis
  • Mangelhafte Geschäftsführung und fehlende Branchenkenntnisse
  • Nachlässigkeit der Verantwortlichen
  • Ignorieren von Regeln und Vorschriften
  • Unzureichende Bonitätsprüfung (vor allem bei Verwandten und Bekannten)
  • Einflussnahme von Politikern
  • Arbeitgeber zahlen die Sparraten ihrer Angestellten verspätet ein
  • Veruntreuung durch Mitarbeiter
  • Tilgungsprobleme durch Ernteausfälle und -verluste
  • Viele nehmen Kredite auf, um Schulkosten der Kinder zu finanzieren, was natürlich nicht unmittelbar zu Mehreinnahmen führt
  • Hohe Gemeinkosten bei den kleinen Krediten; hohe Beratungskosten für die Kreditnehmer

Den Empfehlungen von SELF-MF zufolge ist daher kontinuierliche Fortbildung und Kontrolle in den einzelnen Kassen notwendig. Die Verantwortlichen müssten ein gutes Beispiel für alle geben, indem sie ihre eigenen Kredite pünktlich zurückzahlten. Problematisch sei auch, dass zum Risiko-Ausgleich teilweise überhöhte Zinsen verlangt werden, in einzelnen Fällen bis zu 48% p.a.; andere Kassen hielten sich mit hohen Gebühren schadlos.

Während sich 48 von 54 kommerziellen Banken und etwa 30% der Gemeindebanken („vicoba“ - Village Community Bank) dem 2014 gegründeten Kreditauskunfts-Büro CRB [TI Jan. 2014, S. 9] angeschlossen haben, gehört noch keine einzige SACCOS diesem System an. Experten führen dies auf fehlende Kenntnisse und technische Unzulänglichkeiten zurück. Da manche SACCOS noch keine elektronische Datenverarbeitung haben, können sie nicht an automatischem Datenaustausch teilnehmen. Auch Kontrollen durch die Bankaufsicht werden dadurch erschwert.

Die meisten Gruppen von Jugendlichen, die sich um einen Mikrokredit bewerben, scheitern daran, dass sie keinen aussagekräftigen Geschäftsplan vorlegen können. Von 1408 Jugend-SACCOS, die Anträge stellten, genügten nur 67 den Anforderungen. Daher wurden von den TZS 2 Mrd. des Jugend-Entwicklungs-Fonds nur TZS 416 Mill. abgerufen. Dennoch will die „Tanzania Youth Coalition“ im ganzen Land SACCOS speziell für junge Leute aufbauen, die selbständig ein Geschäft betreiben wollen. Drei solche SACCOS wurden bereits mit Hilfe von SELF in DSM gegründet. Vorbereitungen laufen für Kiteto, Njombe, Mbeya, Arusha und Kisarawe.

DN 14.11.; 12.,16.12.14; 10.02.; 20.03.15; Guardian 01.08.; 23.09.; 15.12.14;

Frauen

Frauen bilden die wichtigste Zielgruppe der MFI. Eine erfolgreiche, auf die Bedürfnisse von Frauen spezialisierte MFI ist SELFINA (Sero Lease and Finance Ltd. – www. selfina.com). Um zu vermeiden, dass der Mikrokredit einer Frau gleich für Begräbnisse, Bewirtungen, Schulgeld oder Barbesuche des Partners „ausgeliehen“ wird, bietet SELFINA ein Mietmodell an, bei dem das Investitionsobjekt (Nähmaschine, Kopierer, Herd, Computer, Traktor, Fahrrad, Kuh o.ä.) bis zur vollständigen Abzahlung Eigentum der Leasing-Firma bleibt. Auch Barkredite für laufende Kosten erhält die Interessentin nur, indem sie ihr Produktionsmittel an SELFINA verkauft und dann ratenweise zurückkauft. Auf diese Weise erreicht SELFINA eine Rückzahlungsrate von 95%. Nach eigener Darstellung wurden durch SELFINA-Mikroleasing seit 2002 $ 16 Mill. verliehen und 125.000 jobs geschaffen.

Wichtige von SELFINA geförderte Geschäftsbereiche sind: Privatschulen, Mühlen, Bäckerei, Schneiderei, Landwirtschaft, Viehzucht, Landhandel, Bewässerung, Kosmetik, Catering, Floristik. Die Gründerin und Chefin, Dr. V. Kisyombe, wurde vielfach ausgezeichnet und erhielt zuletzt den Economic Empowerment Award 2014 von Vital Voices Leadership, gegründet von Hillary Clinton (www.vitalvoices.org). Sie ist u.a. Mitglied im Diözesanrat der ELCT-Ost- und Küstendiözese, im Rat der Vereinigten Evangelischen Mission, im Rat der Tumaini Universität Makumira und im Tansanischen Christenrat (CCT).

DN 15.07.14; www.selfina.com

Finanzielle Inklusion

Die National Microfinance Bank (NMB) ging eine Partnerschaft mit der Kreditkartenfirma Mastercard ein. In den nächsten sieben Jahren sollen 1,5 Mill. Kreditkarten an Kunden der NMB ausgegeben werden. Dies soll das Risiko verringern, beraubt zu werden und online-Käufe im Ausland erleichtern. Die Regierung will erreichen, dass bis 2016 die Hälfte der Erwachsenen Zugang zu bargeldlosem Zahlungsverkehr hat. Der Zentralbank (BoT) wurde in verschiedenen Studien bescheinigt, ein zukunftsweisendes Rahmenwerk für die finanzielle Inklusion der breiten Bevölkerung geschaffen zu haben.

Die NMB beschäftigt etwa 3.000 Angestellte und machte 2014 einen Gewinn von TZS 156 Mrd. bei einer Kreditsumme von TZS 2 Bill. Die Ausfallrate lag mit 2,6% unter dem Durchschnitt von etwa 5%. Die Bank hat neben dem Geschäft mit Kleinkrediten auch Großkunden in Tansania und China.

Die Mikrofinanz-Sparte der Landwirtschaftlichen Genossenschaftsbank (CRDB) und die Nationale Krankenversicherung (NHIF) wollen zusammenarbeiten, um vielen Landwirten die Krankenversicherung anzubieten. Da bei der ländlichen Bevölkerung das Einkommen sehr ungleich über das Jahr verteilt ist, ermöglicht die Versicherung auch eine Behandlung außerhalb der Erntesaison.

DN 12.02.; 20.10.14; Guardian 09.12.14; 27.04.15