Aktuelles: Ethikfragen, Politische Orientierungen - 02/2017

Aus Tansania Information
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Selbstbedienung

Nachdem lokale Amtsträger wiederholt ihre Amtssiegel missbräuchlich verwendet hatten, wurden sie ihnen entzogen. Inzwischen erhielten sie ihre Siegelgewalt zurück, da nur einer Minderheit Missbrauch nachgewiesen werden konnte.

Nachdem 55.692 unberechtigte Bezieher der Unterstützungsleistungen des Armutsbekämpfungsprograms TASAF entdeckt worden waren, sprach sich Präsident Magufuli dafür aus, die Transferleistungen nicht mehr an Individuen, sondern an kommunale Entwicklungsprojekte zu adressieren. „Wir nehmen Kredite auf, um Armen zu helfen und das Geld verschwindet in den Bäuchen von Phantom-Empfängern“. 113 TASAF-Mitarbeitende wurden suspendiert.

Premier Majaliwa verbot diverse Zuwendungen und Entschädigungen, die sich Distriktsfunktionäre in DSM genehmigt hatten und befahl, die Gelder den Investitionsbudgets zuzuschlagen. An die Adresse der Regierungsangestellten sagte er: „Vergewissert euch, dass ihr nach der richtigen Melodie von Präsident Magufuli tanzt“. In den letzten Jahren waren TZS 130 Mrd. für „Erschwernis-,“ „Fortbildungs-“ „Schweißtrocknungs-“ und „Erfrischungszulagen“ in Entwicklungsausschüssen ausgegeben worden. Die schweißtreibenden Sitzungen finden in der Regel ohnehin während der bezahlten Arbeitszeit statt.

Ein Kommentator bemerkte, dass die wackeren Funktionäre nur dem Beispiel der Parlamentsabgeordneten folgten, die Gehälter, Tagesgelder und Sitzungsgelder kassierten und damit eine „Kultur der Umschläge“ schüfen. Manche erschienen bei Tagungen und Sitzungen nur zu den reichlichen Mahlzeiten und der Ausgabe der „Umschläge“. Auch die Geber und NROs zeigten kaum Interesse, die Missbräuche zu reduzieren. Besser sei es aber, die regulären und kontrollierbaren Gehälter aufzustocken.

Die Telefonfirma Zantel zahlte 7 Jahre lang keine Miete an den Kinondoni-Distrikt. Beamte hatten den Mietvertrag versteckt. Die Firma hat TZS 687 Mill. nachgezahlt.

Citizen 04.,05.01.17; Guardian 29.12.16; 04.,13.,18.01.17; DN 04.01.17

Politische Kommentare

Christliche und muslimische Religionsführer sagten in ihren Neujahrsbotschaften der Magufuli-Regierung zu, sie im Kampf gegen Korruption und Nachlässigkeit und im Ringen um Entwicklungsfortschritte zu unterstützen. Sie riefen alle Tansanier zu harter Arbeit auf. Der Regionalchef von Mwanza rief seine Mitarbeiter auf, ohne Ressentiments gewissenhaft und ehrlich zu arbeiten.

Ein muslimischer Astrologe sagte für 2017 voraus, Magufuli werde einen internationalen Preis erhalten, die Opposition werde schwächer, die CCM stärker, es werde eine Rekordernte, wirtschaftlichen Aufschwung und religiöse und politische Skandale geben.

Mehrere Oppositionspolitiker äußerten sich optimistisch, dass der Präsident das Verbot politischer Versammlungen bald aufheben wird. Sie setzen dazu auf anhaltenden Druck von Seiten der Entwicklungspartner, besonders der EU. Die Regierung deutete jedoch an, dass sie ausbleibende Hilfe bisheriger Partner durch Kredite aus dem Mittleren Osten und China ersetzen will.

A. Eyakuze, Direktor der agilen Zivilgesellschaftsorganisation Twaweza (www.twaweza.org), sieht den spezifischen Schwachpunkt der Magufuli-Administration in der nervösen Empfindlichkeit gegenüber offener Diskussion, Transparenz und Bürgerbeteiligung. Versammlungsverbot, Presse- und Internet-Gesetze und Verbot der Direktübertragungen aus dem Parlament verwehrten es den Bürgern, an der eigenen Regierung teilzuhaben. „Wie ist das vereinbar mit Kampf gegen Korruption und Bemühen um eine bürgernahe, effektive Verwaltung?“ Eyakuze sieht drei mögliche Szenarien:

  • „Der Papa richtet alles“: Wenn Korruptionsfestigkeit und Effizienz allein von charismatischen Persönlichkeiten abhängen, hindert das eher starke institutionelle Kontroll-Mechanismen. Wohlwollender Autoritarismus kann leicht in Despotismus kippen.
  • „Wir gegen sie“: Bisher hat Magufuli die träge Verwaltung durch Druck von oben und von unten in Bewegung gebracht. Er muss aber vermeiden, dass alle Beamten pauschal an den Pranger gestellt werden und als Sündenböcke für alle Probleme dienen müssen. Dies kann zur Demotivierung und dem spezifisch tansanischen „kalten Streik“ führen.
  • „Wir sind miteinander unterwegs“: Magufuli hätte die Chance, nationalen Stolz und Zielstrebigkeit zu entfachen und Bürger ebenso wie Beamte für eine gemeinsame Anstrengung zu begeistern, die Ideen von allen Seiten aufnimmt. Die Redensart „Sonnenlicht ist das beste Desinfektionsmittel“ sollte seine Presse- und Informationspolitik bestimmen. Aus dem „Bulldozer“ könnte dann ein innovativer Architekt werden.


Business Times 21.12.16; DN 02.,09.01.17

Erdoğan besucht Tansania

Der türkische Präsident absolvierte einen zweitägigen Staatsbesuch in Tansania. Insgesamt 10 Grundsatzverträge sollen das Handelsvolumen der beiden Länder von derzeit $ 190 Mill./Jahr auf 500 Mill. (so Erdoğan) bzw. 1 Mrd. (Magufuli) steigern. Der türkische Präsident will durch massive Investitionen in Landwirtschaft, Tourismus, Industrie und Bauwirtschaft viele Arbeitsplätze schaffen. Türkische Fachleute sollen Hotels am Indischen Ozean bauen, die Zahl der türkischen Rucksacktouristen soll von 10.000 auf 100.000 jährlich ansteigen. Auch in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit, Staatsfernsehen, Luftfahrt und Gesundheitswesen wurde enge Zusammenarbeit vereinbart. Tansanisches Militär- und Sicherheitspersonal soll in der Türkei trainiert werden.

Der tansanische Präsident erbat von der Türkei einen weichen Kredit für eine Teilstrecke der geplanten neuen Zentralbahn und gab bekannt, dass ein türkisches Unternehmen unter den aussichtsreichen Bietern für das €-8-Milliardenprojekt sei. Erdoğan wiederum forderte Magufuli auf, seinen weltweiten Kampf gegen die F. Gülen-Bewegung zu unterstützen, die auch in Afrika tätig sei. Er beschuldigte die erfolgreichen Feza-Schulen [s.u. Privatschulen], zum Gülenkomplex Hizmet zu gehören und verlangte ihre Schließung. Erdoğan lud JPM ein, zur Eröffnung der neuen tansanischen Botschaft nach Ankara zu kommen.

Citizen 24.,25.01.17; DN 24.01.17; Guardian 24.01.17